Jobpaten helfen Arbeitslosen bundesweit bei der Stellensuche. Wichtig ist es dabei erst einmal, deren persönliches Profil zu schärfen. Berücksichtigt werden die Erfahrungen, Interessen und Fähigkeiten der Arbeitsuchenden

Zeitung lesen, diskutieren, Selbstbewusstsein stärken - Eckehard Schmidt und Kevin Pauly* bei der Arbeit

Das Patenmodell

Das Projekt "Arbeit durch Management/Patenmodell" des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz wurde 1999 ins Leben gerufen. Vorbild ist ein ehrenamtliches Beratungsprojekt von Führungskräften für Flüchtlinge in Holland. In Deutschland sind derzeit rund 400 Jobpaten ehrenamtlich aktiv. Sie unterstützen Arbeitslose bei der Suche nach einem neuen Job.

Das Diakonische Werk betreut die Jobpaten, bietet ihnen Netzwerk, Supervisionen, Austausch und Schulungen. Interessierte, bevorzugt Führungskräfte und Personalverantwortliche, können sich auf der Homepage des Projekts melden.

Arbeitsuchende können dort ebenfalls einen Fragebogen ausfüllen. Die Jobpaten suchen sich ihre Klienten aus. Ist ein erstes Gespräch erfolgreich, wird gemeinsam eine Zielvereinbarung erarbeitet. "Eine Erfolgsgarantie geben wir nicht", sagt die Projektleiterin Berlin, Jutta Anna Kleber. Dennoch hätten in den vergangenen acht Jahren schon viele Klienten mit Hilfe ihrer Paten einen neuen Job gefunden.

www.patenmodell.de

Eckehard Schmidt und Kevin Pauly* sind ein ungleiches Paar. Schmidt, 60 Jahre alt, groß, graues Haar. Der ehemalige Bereichsleiter eines Drogeriemarktunternehmens weiß, was er will. Pauly ist Mitte 20, etwas kleiner, hat dunkle Haare. Er sucht noch nach seinem Platz. Seine Drogensucht hat ihm Jahre genommen, in denen sich andere orientieren und weiterentwickeln. Doch nach verschiedenen Entgiftungen, Therapien und Rückfällen will er etwas ändern in seinem Leben: eine Ausbildung machen, einen Beruf finden, ein selbstständiges Leben führen. Damit das gelingt, hilft ihm Eckehard Schmidt.

Kennengelernt haben sich die beiden Männer über ein gemeinsames Teilprojekt der Arbeitsagentur im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und des Projekts "Arbeit durch Management/ Patenmodell" des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Ehrenamtliche Jobpaten wie Eckehard Schmidt begleiten bei diesem Teilprojekt Jugendliche bei der beruflichen Orientierung. "Die Jugendlichen haben ihre Zukunft noch vor sich", sagt Schmidt. Deswegen habe er sich nach dem Ausscheiden aus dem Beruf dafür entschieden, sein Wissen und seine Erfahrungen für sie einzusetzen.

Führungskräfte und Personalverantwortliche

Bundesweit gibt es 400 so genannte Jobpaten. Meist sind es ehemalige oder noch berufstätige Führungskräfte und Personalverantwortliche. "Hoch qualifiziert", wie Jutta Anna Kleber sagt. Sie ist die Projektleiterin Berlin.

Jeder Jobpate bringe seine Erfahrungen ein, gleich ob er selbst gerade ins Berufsleben gestartet oder bereits ausgeschieden sei. Häufig seien es Menschen, die von sich sagen, sie hätten Glück gehabt und wollten davon etwas weitergeben. Als registrierte Jobpaten können sie sich aus einer Datenbank ihre Klienten aussuchen. "Sie müssen zusammen passen, sonst hat das ganze keinen Sinn", sagt Kleber.

Deswegen steht am Anfang das Kennenlernen zwischen Jobpaten und Klient. Sind die Ziele erreichbar? Stimmt die Sympathie auf beiden Seiten? Dass sie bei Eckehard Schmidt und Kevin Pauly stimmt, war beiden schon nach einem kräftigen Händedruck klar. Schnell wurde auch deutlich, dass es mit beruflicher Orientierung und dem Schreiben von Bewerbungen allein nicht getan sein würde. "Durch die Drogensucht sind ihm viele grundlegende Dinge verloren gegangen: Pünktlichkeit, Körperpflege, ein geregelter Tagesablauf, Zielstrebigkeit sowie gewisse Werte und Normen beispielsweise", sagt Schmidt über Pauly.

Pünktlichkeit und die äußere Erscheinung

Also legt er Wert darauf, dass der junge Mann pünktlich zu verabredeten Treffen erscheint und auf seine äußere Erscheinung achtet. Und macht ihm begreiflich, dass er nur etwas erreichen kann, wenn er es wirklich will. Ein Lernprozess für beide Seiten, in kleinen Schritten. "Dass mir die Grundlagen fehlen, wurde mir erst mit der Zeit bewusst. Ich habe gemerkt, dass mir diese vielen Kleinigkeiten helfen, mein Ziel erreichen zu können - nämlich einen Arbeitsplatz zu finden", sagt Kevin Pauly.

Beispielsweise hat er festgestellt, dass ihm das Wissen und das Selbstbewusstsein fehlten, in einer Gruppe über Politik zu diskutieren. Schmidt liest mit ihm Zeitungsartikel, hält ihn an, Nachrichten zu schauen und diskutiert mit ihm. Pauly wollte körperlich fitter werden, ein paar Kilo abspecken. Schmidt gibt ihm Ernährungstipps und geht mit ihm joggen. "Ich finde es toll, dass er sich für mich einsetzt und ein Auge auf mich hat", sagt Pauly.

Mittlerweile macht Kevin Pauly ein zeitlich befristetes Praktikum. Drei Tage in der Woche arbeitet er bei einem Maler, wenn auch unbezahlt. "Ich kann hier bei einer Arbeit bleiben, sehe, wie ich etwas schaffe", sagt der junge Mann. Es ist einer der Berufe, die ihn interessieren und steht auf einer Liste, die beide Männer erstellt haben. "Ich habe das Gefühl, dass ich ihm helfen kann, so weit zu kommen, dass er eine Ausbildung findet, die er besteht. Sein Erfolg ist auch mein Erfolg", sagt Eckehard Schmidt. Er rechnet damit, dass Pauly Ende dieses Jahres seine ersten Bewerbungen schreiben kann.

"Wir bieten Hilfe zur Selbsthilfe", sagt die Projektleiterin Berlin, Jutta Anna Kleber. Patentrezepte gebe es nicht, "es geht uns um die Einzellösung". Da werden auch schon mal Berufsfelder abseits der Ausbildung gesucht, beispielsweise über Hobbys. So hat sich ein Mann, der in seiner Freizeit Fahrräder repariert hat, damit selbstständig gemacht. Der Lebenslauf wird optimal auf eine mögliche Stelle hin angepasst, aber nicht geschönt. "Eine Arbeit am eigenen Leben", sagt Kleber. "Aber wir empfehlen, Schwachstellen authentisch zu vertreten und nicht zu vertuschen."

Auch wenn die Jobpaten eng mit den Klienten zusammenarbeiten, sei eine Distanz unerlässlich: "Wo die Freundschaft anfängt, hört die Patenschaft auf." Deswegen stellt das Diakonische Werk auch die Räume zur Verfügung, in denen sich die Jobpaten und Klienten treffen. Den Jobpaten werden zudem Weiterbildung, Supervision und Austauschmöglichkeiten angeboten. Kleber sieht das Patenmodell nicht als Konkurrenz zu den Arbeitsagenturen. Vielerorts arbeite man eng zusammen.

Marion Rädisch hat schon mehreren Frauen geholfen, einen Job zu finden. Derzeit arbeitet die 47-Jährige mit Susanne Kemper* zusammen. Doch nicht nur das Alter eint die beiden Frauen, auch die Lebensläufe sind nahezu gleich: Abitur, ein kaufmännischer Beruf, ein Studium der Theaterwissenschaft und der Germanistik, Arbeitslosigkeit.

Während der eigenen Arbeitslosigkeit vor rund zehn Jahren hat sich Marion Rädisch sozialpolitisch engagiert und ehrenamtlich Sozialhilfeempfängerinnen beraten. Dabei hat sie ihre eigene Berufung gefunden: das Coachen, die individuelle Beratung im beruf- lichen Zusammenhang. Mittlerweile hat sie eine Ausbildung als Coach.

Seit sie selber wieder als Assistentin einer Geschäftsführung arbeitet und dabei auch für die Personalführung zuständig ist, macht sie beim Patenmodell mit. Sie betreut vornehmlich Frauen, mit denen sie gemeinsam deren Berufsweg plant - ausgerichtet an deren Interessen, Erfahrungen und Fähigkeiten. Im kommenden Jahr will sich Marion Rädisch als Coach für Frauen, die auf der Suche nach ihrer Berufung sind, selbstständig machen.

Seit einem Jahr betreut sie Susanne Kemper. Die Berlinerin hat in den vergangenen Jahren bereits hunderte von Bewerbungen geschrieben. Doch kleinere Theater oder soziale Einrichtungen, für die sie gern Öffentlichkeitsarbeit machen würde, haben meist kein Geld, um sie einzustellen. Und vor der Freiberuflichkeit schreckt sie zurück. "Ich glaube einfach nicht daran, dass Aufträge kommen", sagt sie. Aufzwingen kann ihr Marion Rädisch diese Idee nicht. Sie kann sie nur auf Möglichkeiten hinweisen.

Eine davon ist, vorhandene Sprachkenntnisse auszubauen. Das kann sich auch Susanne Kemper vorstellen, aber sie setzt diesen Gedanken nicht konsequent um. "Darüber müssen wir noch einmal reden", nimmt sich Marion Rädisch für das nächste Treffen vor. "Ein Mensch, der seine Berufung gefunden hat, lässt sich von Hürden nicht abschrecken." Für sie ist es bei der ehrenamtlichen Tätigkeit wichtig, zuzuhören, die Frauen zu motivieren, weiterzumachen und ihnen klar zu machen, dass Absagen nichts mit ihrer Persönlichkeit zu tun haben.

Bei Susanne Kemper hat das funktioniert. "Ich weiß jetzt auch, dass viel Glück dazu gehört, dass das eigene Profil hundertprozentig zu einer Stelle passt." Sie sucht weiter, bundesweit. Ans Aufgeben denken die beiden Frauen nicht. Sie wollen jetzt noch einmal am persönlichen Profil arbeiten, um die Lücke zu finden, in die Susanne Kemper zu 100 Prozent passt.

Sachbearbeiterin mit Zahlenverständnis gesucht

Dass das geht, weiß Marion Rädisch. Sie hat nicht nur zwölf Frauen erfolgreich geholfen, auch eine ihrer Kolleginnen ist eine Arbeitssuchende aus dem Patenmodell. Als sie für ihre Geschäftsführung eine Sachbearbeiterin mit gutem Zahlenverständnis suchen sollte, stellte sie die Stelle in den Verteiler des Patenmodells. Andere Jobpaten meldeten sich, schlugen ihre Klientinnen vor - und die von Marion Rädisch ausgewählte arbeitet noch heute an ihrer Seite.

Namen geändert

"Ich habe das Gefühl, dass ich ihm helfen kann, so weit zu kommen, dass er eine Ausbildung findet, die er besteht.

Sein Erfolg ist auch mein Erfolg"

Eckehard Schmidt

Das Patenmodell

Das Projekt "Arbeit durch Management/Patenmodell" des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz wurde 1999 ins Leben gerufen. Vorbild ist ein ehrenamtliches Beratungsprojekt von Führungskräften für Flüchtlinge in Holland. In Deutschland sind derzeit rund 400 Jobpaten ehrenamtlich aktiv. Sie unterstützen Arbeitslose bei der Suche nach einem neuen Job.

Das Diakonische Werk betreut die Jobpaten, bietet ihnen Netzwerk, Supervisionen, Austausch und Schulungen. Interessierte, bevorzugt Führungskräfte und Personalverantwortliche, können sich auf der Homepage des Projekts melden.

Arbeitsuchende können dort ebenfalls einen Fragebogen ausfüllen. Die Jobpaten suchen sich ihre Klienten aus. Ist ein erstes Gespräch erfolgreich, wird gemeinsam eine Zielvereinbarung erarbeitet. "Eine Erfolgsgarantie geben wir nicht", sagt die Projektleiterin Berlin, Jutta Anna Kleber. Dennoch hätten in den vergangenen acht Jahren schon viele Klienten mit Hilfe ihrer Paten einen neuen Job gefunden.

www.patenmodell.de

"Ich habe das Gefühl, dass ich ihm helfen kann, so weit zu kommen, dass er eine Ausbildung findet, die er besteht.

Sein Erfolg ist auch mein Erfolg"

Eckehard Schmidt