BERNHARD JIRKU ist Leiter des Bereichs Erwerbslose beim ver.di-Bundesvorstand

Dem Rechtsstaat soll es an den Kragen gehen? Das könnte man vermuten, wenn man die Gesetzentwürfe von FDP und CDU zum Sozialrecht und zur Verfahrensordnung der Gerichte liest. Wer sich gegen Unrecht wehren will, soll erst mal einige Hürden überwinden. Zum Beispiel höhere Streitwertgrenzen jenseits sozialer Wirklichkeiten, stattliche Gerichtsbenutzungs- und Antragsgebühren für die Prozesskostenhilfe, knebelnde Darlehnsbedingungen weit unterhalb der Pfändungsfreigrenze. Justitia im Dornröschenschlaf? Keine Sorge, Besserverdienende können auch weiterhin so frei sein, die Gerichte zu bemühen. Die 50 Euro für den Antrag auf Prozesskostenhilfe brauchen sie ohnehin nicht. Und 100 Euro können für sie schon mal als Bagatelle durchgehen.

Den kleinen Leuten soll es an den Kragen gehen? Offensichtlich. Denjenigen, bei denen schon ab zehn Euro die Probleme beginnen können. Denjenigen mit den Niedriglöhnen und denen mit den mittleren Einkommen. Den Familien und Alleinerziehenden mit ihren Kindern. Wie sollen die so frei sein, sich wirksam gegen Willkür wehren zu können? Klagen bei Arbeits-, Sozial- und Familiengerichten? Recht nicht nur abstrakt haben dürfen, sondern auch im realen Leben bekommen können? Und das gegenüber Ämtern, deren Mitarbeiter/innen Gesetze dehnen und ignorieren können. Gegenüber Ämtern, die es keinen Cent kostet, fehlerhafte Bescheide zu erlassen und Sozialgerichte somit massenhaft zu belasten.

Recht so? Die gelb-schwarzen Pläne zielen auf die Sozial- und Arbeitsgerichte, auf ALG II-Empfänger, Niedriglöhner und Sozialabbau. Sie treffen Kinder und ihre Eltern. Es sind überwiegend Familiensachen, bei denen die Prozesskostenhilfe benötigt wird. Durch die Pläne von Bundesländern und Bundesrat, FDP und CDU/CSU steht Vieles auf dem Spiel. Was der Bundestag beziehungsweise die große Regierungskoalition jetzt macht, das ist mit Recht die Frage.

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