Femi Kuti: Day By Day | Sanft schleicht sich der Rhythmus heran, doch spätestens wenn Bandleader und Sänger Femi Kuti seine Stimme erhebt und die Bläser-Sektion in Mannschaftsstärke ihre felsigen Riffs pustet, ist sie da, jene musikalische Kraft, die das gesamte Album prägt. Kuti spielt Afrobeat, diese Melange aus Jazz, Funk und afrikanischen Stilen, dessen Kultivierung viel mit seinem Vater Fela Kuti zu tun hat. Sein Credo "Musik ist eine Waffe" lebt Sohn Femi fort - mit dem neuesten Album erneut eindringlich und maßgeblich. Während er den oft komplexen, aber immer tanzbaren Afro-Funk in die Beine drückt, lässt er der afrikanischen Seele und westlichen Hilfe-Reflexen keine Ruhe: Femi macht sich über Wehleidigkeit und Schuldzuweisungen der Afrikaner her, die sich mit der Demokratie so schwer tun und die er zur Selbstbestimmung treibt; er singt über die Zweischneidigkeit von Entwicklungsgeld, das oft genug korrupte Machthaber stützt, nicht stürzt. Day By Day ist politisch authentischer, enorm reichhaltiger Afrobeat in Vollendung. Meisterhaft.

HEST

CD, WRASSE RECORDS


Hayden: In Field And Town | Ein warm erleuchteter Raum, darin ein Schlagzeug, Gitarren, einige Verstärker, gemütlich illuminierter Krimskrams. Das ist das Cover des fünften Albums von Hayden - und so sieht es wohl auch bei ihm Zuhause aus: bei dem Kanadier Hayden Desser, der seit vielen Jahren schon Platten veröffentlicht, die, man muss es wirklich bedauern, in Europa kaum jemand kennt. In Field & Town ist ein weiteres Schatzkästchen: Elf Songs sind zu hören, Lieder, die sich mit Selbstverständlichkeit in die Geschichte des Folk und Rock einreihen, die nicht weit weg sind vom großen Vorbild Neil Young und doch ganz eigene Akzente setzen. Umwerfend lässig poltern die Stücke voran, getragen von Bass und Schlagzeug, manchmal auch füllig inszeniert, doch das Größte ist diese Stimme: Hayden Dessers Timbre ist das eines verschlafenen Mannes. Eines Mannes, der gerade aufgewacht ist: immer etwas brüchig, verwundert, verwundernd, melancholisch. Prallvoll von gerade geträumten Träumen.

PESCH

CD, AFFAIRS OF THE HEART/INDIGO


Pacífico Colombiano: Music Adventures in Afro-Colombia | Besonders für die junge Band Choc Quib Town atmet die Westküste des lateinamerikanischen Landes ihren ganz besonderen Zauber. Eingefangen hat die Band ihn in ihrem Beitrag zu dieser erfrischenden Zusammenstellung, dem Song Somos Pacificos. Mit sanftem HipHop und lokaler Folklore beschreiben sie die Magie ihrer Chocó-Region: "Hier haben wir alles, Sänger, Geschmack, Farben, Aromen und jede Menge Heilige zum Anbeten". Leidenschaftlich fließt der Stolz der beteiligten Gruppen auf diese bunte Gegend in die Songs, und dabei wird nicht gerührt, dabei wird geschüttelt. Viele Musikstile fanden einst die Hafeneinfahrt von Buenaventura und haben die heimischen, von Flöten und Bläsern dominierten Klänge befruchtet: die afrikanische Salsa aus dem Senegal, der Steeldrum-Highlife aus Ghana, die Klänge der bald selbst hergestellten Marimbas aus Guatemala. Das Album feiert das Leben mit einem Querschnitt aus traditionellen sowie aktuellen Bands. Ein Grund mehr, schleunigst das Salsatanzen zu erlernen.

JM

CD, OTRABANDA RECORDS/MALAGUETA MUSIC