ROLF LEMM leitet in der ver.di-Bundes- verwaltung die Fachgruppe Immobilien, Sicherheit, Facility

ver.di PUBLIK | ver.di verweigert die Zustimmung zum allgemeinverbindlichen Mindestlohn im Sicherheits- und Wachgewerbe. Warum?

ROLF LEMM | Weil ver.di nicht bereit ist, einen Mindestlohn von beispielsweise sechs Euro für die Beschäftigten in einer Reihe von Bundesländern zu tarifieren; unsere Zielsetzung ist in einem ersten Schritt nach wie vor mindestens 7,50 Euro. Nur ein Mindestlohn in dieser Höhe schützt viele Beschäftigte im Wach- und Sicherheits- gewerbe davor, trotz einer regulären Arbeit beim Jobcenter als Aufstocker nach Geld anstehen zu müssen.

ver.di PUBLIK | Der Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen wirft ver.di vor, mit ihrer Ablehnung tausende Arbeitsplätze zu gefährden und Lohnzuwächse von 20 bis 30 Prozent zu verhindern. Wie kommen die im Verband darauf?

LEMM | Richtig ist, dass in einigen Bereichen die untersten Löhne im Wach- und Sicherheitsgewerbe so niedrig sind, dass selbst bei der von den Arbeitgebern favorisierten Lösung Lohnzuwächse zu verzeichnen wären. Allerdings ist das nach unserer Meinung noch völlig unzureichend - eine Anhebung auf mindestens 7,50 Euro ist sehr wohl möglich und würde auch keine Arbeitsplätze gefährden.

ver.di PUBLIK | Was ist letztendlich besser: gar kein oder ein schlechter Mindestlohn?

LEMM | Weder noch – die Beschäftigten brauchen am Ende einen Mindestlohn, der zum Leben ausreicht, und keine Armutslöhne, egal, ob mit oder ohne Mindestlohnregelung. Wenn aber ein Mindestlohn eingeführt wird, dann sollte es ein gesetzlicher Mindestlohn sein. Er würde dann ausnahmslos für alle Beschäftigten gelten und nicht nur, wie über das Entsendegesetz, einzelne Branchen betreffen. Die meisten Staaten in der Europäischen Union haben einen gesetzlichen Mindestlohn in ihren Ländern eingeführt. Nirgendwo führte das zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, wie in Deutschland oft behauptet wird.

ver.di PUBLIK | Hat am Ende Noch-Bundesarbeitsminister Olaf Scholz das letzte Wort?

LEMM | Was mit den Mindestlöhnen in dieser Branche geschieht, wird sicherlich erst in der nächsten Legislaturperiode des Bundestages geklärt werden.