ver.di startet Initiative für die Einführung eines allgemeinverbindlichen Mindestlohns im Einzelhandel. Eine Tarifkommission hat die Grundpositionen festgelegt

Die Einzelhandelsbeschäftigten brauchen keine milden Gaben eines reichen Scheichs, sie wollen einfach anständig bezahlt werden

Mit großer Mehrheit haben sich die Delegierten des CDU-Parteitags Mitte November für einen Antrag zu Lohnuntergrenzen ausgesprochen. Ist die CDU damit auch für einen allgemeinen, gesetzlichen Mindestlohn, so wie ihn ver.di schon seit Langem fordert? Bei weitem nicht. Das Wort Mindestlohn taucht in dem verabschiedeten Antrag nicht auf, stattdessen ist dort von Lohnuntergrenzen die Rede. Auf eine Höhe wollten sich die CDU-Delegierten nicht festlegen. In einer ersten Version des Antrags war noch von der Orientierung an der Leiharbeitsbranche die Rede. Die Höhe sollen nach Meinung der christdemokratischen Mehrheit Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den Bereichen festlegen, die nicht von einem Tarifvertrag erfasst sind. ver.di setzt sich für 8,50 Euro pro Stunde ein, dieser Betrag soll nach der Einführung jährlich überprüft und schnell auf zehn Euro angehoben werden. Doch von der Einführung irgendeiner generellen Lohnuntergrenze ist die schwarz-gelbe Regierung weit entfernt. Davon müsste die CDU zunächst ihre Koalitionspartner überzeugen. Derweil setzt ver.di erst noch mal auf weitere Branchenmindestlöhne über das Arbeitnehmerentsendegesetz. Gerade erst hat ver.di im Einzelhandel eine entsprechende Initiative gestartet. Heike Langenberg

Einzelhandel

Der Discounter Tedi mit über 1000 Filialen bundesweit ist kein kleines Licht in der Branche. Aber gelerntes Personal wird dort mit sieben Euro die Stunde abgespeist. "Sittenwidrigen Lohnwucher", nennt das Günter Wolf, stellvertretender Geschäftsführer des ver.di-Bezirks Mülheim-Oberhausen. Und es geht noch schlimmer: Etwa 300.000 Beschäftigte im Einzelhandel - das sind zwölf Prozent - erhalten weniger als fünf Euro, wie das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen berechnete.

ver.di sagt den Dumping-Löhnen im Einzelhandel jetzt den Kampf an. Unter dem Motto "Menschen haben ihre Würde, Arbeit hat ihren Preis" wurde Ende November in Göttingen die Kampagne für einen bundesweit gültigen Mindestlohn-Tarifvertrag im Einzelhandel gestartet. "Damit kann eine gute Basis für menschenwürdigere Arbeit in der Branche geschaffen werden", betont ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.

Eine eigens gebildete Tarifkommission legte die Grundpositionen fest: Verhandelt wird erst, wenn der Arbeitgeberverband HDE nachweist, dass die tarifgebundenen Unternehmen im Einzelhandel mehr als 50 Prozent des Personals beschäftigen. Ohne diese Sicherheit kann ein künftiger Tarifvertrag nicht als für die gesamte Branche verbindlich erklärt werden. So steht es im Gesetz. "Arbeitgebern, die fünf Euro oder ein bisschen mehr zahlen, muss das Handwerk gelegt werden", empörte sich in Göttingen ein Tarifkommissionsmitglied aus Baden-Württemberg.

Noch nicht entschieden ist die Höhe des Mindestentgelts; ein Einheitsbetrag wird nicht gefordert. Da die Tarifverträge je nach Bundesland unterschiedlich sind, wird jetzt zunächst regional beraten. Dabei ist klar, dass ein Mindestlohn-Tarif die Flächentarife nicht unterbieten darf. Auftaktveranstaltungen gab es im November. In Ingolstadt stufte die bayrische verdi-Tarifkommission einen allgemeinverbindlichen Mindestlohn als "ersten wichtigen Schritt" ein. "Wir werden jedoch weiterhin für einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro eintreten", so Hubert Thiermeyer, Leiter des Fachbereichs im ver.di-Landesbezirk Bayern. Andreas Hamann