Leni Breymaier

seit 40 Jahren warten wir in Baden-Württemberg auf ein Bildungsurlaubsgesetz. Bereits 1974 verpflichtete sich die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich, eine bezahlte Freistellung zum Zwecke der Berufsbildung, der allgemeinen und der politischen Bildung sowie der gewerkschaftlichen Bildung einzuführen.

Weil der Bund kein Gesetz erlassen hat, verabschiedeten die Bundesländer eigene Bildungsfreistellungsgesetze. Unter den alten Bundesländern sind nur Bayern und Baden-Württemberg noch ohne ein solches Gesetz. Im Koalitionsvertrag der grün-roten Landesregierung verabredeten die Koalitionäre, in dieser Legislaturperiode ein entsprechendes Gesetz in Anlehnung an die Gesetzgebung in anderen Bundesländern zu verabschieden.

Darauf warten wir dringend. Wir wollen uns endlich angesprochen fühlen, wenn es in den verschiedenen Bildungsprogrammen heißt: Freistellung nach den Bildungsurlaubsgesetzen der Länder. Man kann nicht das ganze Jahr von Fachkräftemangel und vom lebensbegleitenden Lernen sprechen und unterm Strich nicht aktiv etwas dafür tun. Menschen, die sich mit dem geplanten Freihandelsabkommen TTIP beschäftigen, die sich eine neue Sprache aneignen, die für Präsenzzeiten einer beruflichen Weiterbildung nicht den kompletten Jahresurlaub verbrauchen wollen, Übungsleiter beim Sport, oder wer sich fit macht für ein Ehrenamt - alle brauchen dafür eine gesetzliche Grundlage.

Öffentliche Aktion zur Kampagne für ein Bildungszeitgesetz in Konstanz während des ver.di Jugendcamps

Wir wollen Bildungszeit nicht alleine nach den Erfordernissen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, sondern nach den persönlichen Wünschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dafür ist es Zeit - auch in Baden-Württemberg. Mit einem breiten gesellschaftlichen Bündnis hat unser Dachverband, der DGB, die Kampagne "Gib mir 5" aufgelegt. Niemand im Stuttgarter Landtag bestreitet, dass es ein Gesetz geben wird, aber wenn am Ende des Tages ein Gesetz ohne politische oder gewerkschaftliche Bildung herauskommt, ist das nicht das, was die Beschäftigten erwarten. Deshalb treten wir in den nächsten Wochen und Monaten aktiv ein: Gib mir 5.

Leni Breymaier leitet den ver.di- Landesbezirk Baden-Württemberg


Das Bildungszeitgesetz

Die Ländergesetze sehen in der Regel eine Freistellung von fünf Tagen pro Jahr für Weiterbildungen vor. Neben Angeboten der allgemeinen und beruflichen Bildung sind auch Seminare zur kulturellen Bildung, zur Gesundheitsbildung, Sprachkurse und Angebote der politischen Bildung möglich. Im Koalitionsvertrag der grün- roten Landesregierung von 2011 heißt es: "Angelehnt an die Gesetzgebung der meisten anderen Bundesländer werden wir für Baden-Württemberg eine bezahlte Bildungsfreistellung von fünf Arbeitstagen pro Jahr einführen." Der zuständige Minister Nils Schmid, SPD, hat angekündigt, dass das baden-württembergische Gesetz 2014 vorgelegt und zum 1. Januar 2015 in Kraft treten soll.


Fünf Tage pro Jahr - Legende zur Grafik

Bundesland, Jahr der Einführung der Bildungsfreistellung,

Anzahl der Tage pro Jahr

P: politische Bildung

B: berufliche Bildung

E: Weiterbildung fürs Ehrenamt

A: allgemeine Bildung

BR: Betriebsrat, Referenten- und Funktionärsseminare

ST: Mindestdauer des Seminars in Tagen

W: Antrag mind. X Wochen vor Seminarbeginn


Die Mitglieder des Bündnisses für Bildungszeit

Arbeitsgemeinschaft Ländliche Erwachsenenbildung Baden-Württemberg e.V. (ALEB), AWO Bezirksverband Württemberg e.V., Betriebsseelsorge in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Deutscher Gewerkschaftsbund Bezirk Baden-Württemberg und alle seine Einzelgewerkschaften, Fritz-Erler-Forum Baden-Württemberg, Katholische Erwachsenenbildung Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V., Kirchliche Landesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung in Baden-Württemberg, Landesarbeitsgemeinschaft der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) in Baden-Württemberg, Landesfamilienrat Baden-Württemberg, Landesfrauenrat Baden-Württemberg, Landesjugendring Baden-Württemberg, Naturfreunde Baden-Württemberg e.V., Schwäbischer Turnerbund e.V., Volkshochschulverband Baden-Württemberg e.V.