Frühjahrsputz im Prinzenbad - nur für den regulären Betrieb fehlt noch Personal

Die Nachricht kam bei vielen Beschäftigten der Berliner Bäder-Betriebe gut an: Ole Bested Hensing, seit Mai 2013 Chef des landeseigenen Unternehmens, kündigte Mitte März seinen vorzeitigen Rückzug für Ende Juni an. Wohl weniger "familiäre Gründe", wie offiziell behauptet, dürften ihn dazu bewogen haben als vielmehr die wachsende Ablehnung seiner zahlreichen Ideen.

Die Berliner Regierungskoalition aus SPD und CDU will derzeit keine weiteren Bäder an Vereine oder private Interessenten vergeben, wie von Hensing gefordert - zumal der momentane Bestand auch im Bäder-Gesetz fixiert ist. Das größte Bäder-Unternehmen Europas besteht aus 31 Hallenbädern und vier Kombibädern, zu denen jeweils eine Schwimmhalle und Außenbecken gehören. Hinzu kommen 24 Strand- und Sommerbäder, wobei die Mehrzahl der Strandbäder seit Jahren verpachtet ist. "Die jetzigen Hallen- und Sommerbäder sollten auf jeden Fall weiter bei den Bäder-Betrieben bleiben, um die Grundversorgung der Berliner mit Schwimmmöglichkeiten sicherzustellen", sagt auch Dieter Korte von ver.di Berlin-Brandenburg.

Ole Bested Hensing hat sich aber nicht nur mit Privatisierungsideen wenig Freunde gemacht. Intern setzte er sich gern über die Regeln des öffentlichen Dienstrechts hinweg, stellte statt dringend benötigter Fachkräfte für die Bäderaufsicht lieber Verwaltungsangestellte und übertariflich bezahlte Unterchefs ein. "2007 gab es 743 Beschäftigte, davon 60 in der Verwaltung und zwölf Auszubildende. 2014 waren von 700 Beschäftigten 80 in der Verwaltung tätig, 30 Auszubildende und rund 30 befristet angestellt", sagt Dieter Korte. Da 2014 mehrere Bäder nach jahrelanger Renovierung wieder in Betrieb genommen wurden, verteilt sich faktisch weniger Aufsichtspersonal auf mehr Bäder. Auszubildende, die unter Hensings Vorgänger Klaus Lipinsky fast immer übernommen wurden, bekommen inzwischen lediglich ein Angebot für eine befristete Anstellung, und das in der niedrigsten Tarifgruppe E3, die rund 2000 Euro brutto entspricht.

Maulkorb für den Personalrat

"Ein solches Gehalt nach dreijähriger Ausbildung und bei Übernahme einer großen Verantwortung für Badegäste und für die technischen Anlagen ist völlig unangemessen." Dieter Korte spricht damit auch die Meinung des Personalrates aus, der sich selbst gegenüber der Presse nicht äußern kann. In der Vergangenheit hatte der Vorstand den Arbeitnehmervertretern mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen bis zur Kündigung gedroht, falls sie Medienvertretern Auskunft gäben.

Auf der anderen Seite der Gehaltstabelle gibt es immerhin sechs Bäder- Betriebe-Mitarbeiter, die mehr als die höchste Entgeltgruppe E15 erhalten, also über 6000 Euro brutto monatlich, da sie außertariflich (AT) angestellt sind; vor Hensing hatten nur die beiden Vorstände des Unternehmens AT-Gehälter. Unterm Strich haben sich die Kosten für das Personal laut Geschäftsbericht kaum verändert, nur die Aufteilung zwischen Verwaltung und der Arbeit in den Bädern selbst hat sich massiv verschoben. Dieter Korte: "Technische Fachkräfte gibt es kaum noch, die Anstellung für Bäderfachangestellte ist durch niedrige Eingruppierung und Befristung so unattraktiv, dass sich viele Auszubildende nach Alternativen umsehen." Und ob sich genügend Rettungsschwimmer finden, die für die Sommersaison benötigt werden, ist ebenfalls ungewiss. Sie sind zwar eine Entgeltgruppe über den frisch gebackenen Bäderfachangestellten eingestuft, doch viele zieht es eher an die Ostsee, wo der Wachdienst an den Stränden genauso gut bezahlt wird, aber mit weniger Verantwortung und Ärger verbunden ist als die Aufsicht in einem Berliner Sommerbad.

Überlange Arbeitszeiten

Früher einmal habe es eine Personalreserve von 25 Prozent gegeben, so Dieter Korte, um Urlaubs- und Krankheitszeiten abzudecken. Auch die existiert längst nicht mehr, sodass viele Bäder-Beschäftigte überlange Arbeitszeiten leisten und nicht einmal ihre Pausen ordnungsgemäß nehmen können. "Um in der Sommersaison korrekt zu arbeiten, wären zwischen 60 und 100 zusätzliche Kräfte nötig", sagt der ver.di-Sekretär.

Zu allem Überfluss gehen Vorstand Ole Bested Hensing und Personalchefin Andrea Albrecht wenig pfleglich mit den langjährig Beschäftigten um. So sollte etwa die Bäderfachangestellte Nadine Nitezki Anfang 2014 hinnehmen, für weniger Geld nur noch als Kassenkraft eingesetzt zu werden. Der Grund: Durch eine Operation Jahre zuvor hatte die ausgebildete Fachkraft ihre Rettungsfähigkeit verloren. Doch statt mit Schwerbehindertenvertretung und Personalrat nach sinnvollen Einsatzmöglichkeiten für die Frau zu suchen schickte Andrea Albrecht sie ohne Bezüge nach Hause, nachdem sie die Umsetzung nicht einfach so akzeptieren wollte. Inzwischen wird seit mehr als einem halben Jahr arbeitsgerichtlich darüber verhandelt. Im Mai könnte das Landesarbeitsgericht Berlin entscheiden. Nach dem Verhandlungsverlauf beim ersten Termin in dieser Instanz sieht es gut für Nadine Nitezki aus. Dann kann sie womöglich bald wieder nach ihrer früheren Eingruppierung arbeiten und anspruchsvollere Tätigkeiten als allein das Kassieren übernehmen.