Gute Arbeit, von der man leben kann und die nicht kaputt macht, das wünscht sich wohl jede/r. Doch die Realität sieht oft ganz anders aus. Immer mehr Menschen haben unsichere, schlecht bezahlte Jobs und müssen ihre geringen Löhne mit staatlicher Hilfe aufstocken. Trotz Mindestlohns hat Deutschland einen der größten Niedriglohnsektoren aller Industriestaaten. 22,5 Prozent der Löhne lagen laut der letzten Erhebung von Eurostat, dem Statistischen Amt der Europäischen Union, 2014 in Deutschland im Niedriglohnbereich. Das ist deutlich mehr als der EU-Durchschnitt in der Europäischen Union, der bei 17,2 Prozent lag.

Mindestlohn erhöhen

ver.di fordert daher, dass der Mindestlohn schnell von derzeit 8,84 Euro pro Stunde auf 10 Euro erhöht und dann jährlich neu festgelegt wird. Ausnahmen vom Mindestlohn, die derzeit zum Beispiel für Langzeitarbeitslose noch zulässig sind, sind zu streichen.

Leiharbeit und Werkverträge beschränken

Im Zuge von Umstrukturierungen kommt es immer häufiger zu Personalabbau bei der Stammbelegschaft und Arbeitnehmerüberlassung durch Leiharbeitsfirmen. Dabei muss aber das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit gelten, damit nicht gute Arbeitsplätze geopfert werden und Belegschaften unter Lohndruck geraten. Auch der Missbrauch von Werkverträgen, um Löhne zu drücken, muss unterbunden werden.

Sachgrundlose Befristungen abschaffen

Arbeitsverhältnisse müssen wieder verlässlicher werden. Daher gehören sachgrundlose Befristungen abgeschafft. Aber auch sachlich begründete Befristungen müssen genau geprüft und eingeschränkt werden. Denn vor allem junge Menschen, die am häufigsten von Befristungen betroffen sind, können mit solch unzuverlässigen Berufsperspektiven nur schwer für die Zukunft planen.

Mitbestimmung ausbauen

Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel, die Digitalisierung beschleunigt das. Die Mitbestimmungsrechte von Betriebs- und Personalräten müssen daher ausgebaut und den Veränderungen angepasst werden. Das betrifft insbesondere die Bereiche Personalbemessung, Persönlichkeitsschutz, Arbeitsschutz und eben auch den Einsatz von Leiharbeitskräften.

Bildungsteilzeit ermöglichen

Durch die Digitalisierung wird der Arbeitsmarkt weiter umgekrempelt. Branchen verändern sich und damit auch die Anforderungen an die jeweiligen Berufe. Neue, zusätzliche Qualifikationen werden gefordert. Damit die Beschäftigten dem gerecht werden können, brauchen wir einen Anspruch auf eine Bildungsteilzeit. Qualifizierung muss für jede und jeden möglich und finanzierbar sein. Deshalb muss ein Weiterbildungsgesetz auf Bundesebene die Finanzierungs- und Freistellungsansprüche der Beschäftigten regeln.

Schutz vor Dauerstress

Laut Umfragen des DGB-Index Gute Arbeit sagen 47 Prozent der von Digitalisierung betroffenen Beschäftigten im Dienstleistungssektor, ihre Arbeitsbelastung habe sich erhöht. Überwachung, mehr Zeitdruck, mehrere Aufgaben parallel und immer mehr in immer kürzer Zeit erledigen zu müssen, Arbeiten in der Freizeit bis hin zur Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit, verbunden mit der Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren - das gehört für immer mehr Menschen zum Arbeitsalltag. Sie brauchen dringend mehr Schutz vor gesundheitlicher Überlastung und vor belastender Mehrarbeit, aber auch vor dem Missbrauch ihrer Daten.

Für Arbeit in Sicherheit und Würde

Eine neue Sicherheit der Arbeit wahrt die Würde der Menschen. Arbeitskraft hat ihren Preis. Die Arbeit muss in verschiedenen Branchen, gerade auch in wichtigen Dienstleistungsbereichen, gesellschaftlich aufgewertet und materiell besser anerkannt werden. Da stehen die Unternehmen in der Pflicht, aber auch die Politik: Sie muss ordnend eingreifen, damit nicht ganze Branchen zu Dumpingwüsten verkommen. Damit auf dem Arbeitsmarkt Regeln gelten, die für Arbeit in Sicherheit und Würde sorgen.

Tiny Hobbs, 59, gewerkschaftlich aktiver Briefzusteller aus Frankfurt am Main

Sachgrundlose Befristungen abschaffen

Der Paragraf 14,2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes gehört gestrichen. Er erlaubt, dass Arbeitsverhältnisse auf bis zu zwei Jahre befristet werden können, auch wenn es dafür keinen Sachgrund gibt. Diese sachgrundlosen Befristungen nehmen den Menschen ihre Würde. Immer wieder wird ihnen informell von den Personalverantwortlichen zu verstehen gegeben, dass der Vertrag verlängert werden könnte, wenn sie dieses tun oder jenes lassen, also nicht krank werden, auf freie Tage verzichten, Überstunden machen. Da das keiner öffentlich macht, ist es für Betriebsräte und Gewerkschaften schwierig, dagegen vorzugehen, denn man hat nichts in der Hand. Das ist nicht nur bei der Deutschen Post AG so, das betrifft mittlerweile fast alle Arbeitgeber, Tendenz weiter steigend. Ich kann verstehen, dass befristet Beschäftigte dazu schweigen, denn sie müssen sehen, wie sie über die Runden kommen, gerade wenn sie eine Familie haben. Ich finde, eine Probezeit von bis zu einem halben Jahr reicht völlig aus, um zu sehen, ob jemand für den Job geeignet ist. Wollen Arbeitgeber Auftragsspitzen abdecken, können sie Leiharbeitskräfte einsetzen. Aber die müssen teurer sein als die Stammbelegschaft, besser bezahlt für ihre Flexibilität. Wenn die Bundestagswahl wenigstens die Abschaffung dieses verdammten Paragrafen 14,2 bringt, dann ist schon viel gewonnen.