Die Beschäftigten in Callcentern sind in schwierigen Fragen kompetent und arbeiten mit großem Einsatz. Dabei müssen sie Stress, Druck und permanente Kontrolle aushalten. Trotzdem wird ihre Arbeit meist schlecht bezahlt und wenig wertgeschätzt. Deutlich besser haben es die Beschäftigten in Kundencentern der Deutschen Telekom. Sie bekommen Tariflohn und haben erheblich mehr Mitspracherechte bei der Arbeit als üblicherweise in Callcentern.

Allerdings befinden sich auch bei der Deutschen Telekom die Arbeitsbedingungen in Kundencentern durch die rasante Digitalisierung im steten Wandel. „Es gibt eine starke Automatisierung bei standardisierten Aufgaben“, sagt Manfred Tölkes, Gesamtbetriebsratsmitglied beim Telekom-Kundenservice. „Und das hat erst 2017 eine große Umorganisation nach sich gezogen.“ Dabei haben Betriebsräte und ver.di aber unter anderem den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen erreicht. Und weil viele Beschäftigte in Rente gehen, gibt es im Kundenservice der Telekom auch noch regelmäßig Neueinstellungen, und die Auszubildenden werden bisher alle übernommen.

Selber denken nicht erwünscht

Doch trotz der insgesamt erheblich besseren Bedingungen im Kundenservice der Telekom empfinden viele Beschäftigte Teile der Arbeit als belastend. Das ergaben umfangreiche Interviews, die ver.di im Rahmen eines vom Bundesforschungsministerium geförderten Projektes („Herausforderungen Cloud und Crowd“) 2016 und 2017 mit Telekom-Mitarbeiter/innen geführt hat. Sie kritisierten zum Beispiel, dass die moderne Technik sie in ihrer Handlungsfreiheit einschränke. „Wir müssen in das System eingeben, welches Problem der Kunde hat, und daraufhin erhalten wir Fragen auf den Bildschirm, die wir abarbeiten müssen“, berichtete einer der Interviewten. Selber denken sei wohl nicht mehr erwünscht. Auch Manfred Tölkes weiß, dass sich viele der Beschäftigten durch solche Hilfsprogramme bevormundet fühlen.

„Generell geht die Entwicklung dahin, einfache Tätigkeiten von Robotern erledigen zu lassen, während die Beschäftigten sich mit den komplexeren Fragen befassen“, sagt Manfred Tölkes. Bei den Interviews mit Kundenservice-Beschäftigten zeigte sich, dass sie es sehr schätzen, wenn sie individuell auf den Anrufer eingehen dürfen und ihn nicht mit unverständlichen technischen Fachbegriffen abspeisen müssen. Was auch sehr gut bei den Beschäftigten ankommt, ist die Möglichkeit, sich im Team auszutauschen und sich gegenseitig zu helfen. Nach schwierigen Kundengesprächen sei es beispielsweise wohltuend, wenn man Druck ablassen und „auch mit seinen Kollegen teilen“ könne, berichtete einer der Interviewten.

Roboter übernehmen

Kritik äußerten Beschäftigte vor allem an der starken Arbeitsverdichtung, am Wegfall kurzer Pausen und entlastende Tätigkeiten. Früher sei etwa die Bearbeitung von Kündigungen so eine einfache Arbeit gewesen, „eine kleine Zeit zum Aufatmen“. Inzwischen kümmern sich Roboter darum, und für die Beschäftigten bleiben ausschließlich die komplizierteren Fälle. Ganz besonders wichtig ist ihnen aber mehr Mitbestimmung bei der Arbeitszeit, sagt Manfred Tölkes. „Wir sind bereits in Verhandlungen und planen einen Workshop dazu. Das Problem besteht darin, dass sich die Kundenanrufe auf immer spätere Tageszeiten verlagern, sodass zwischen 16 und 21 Uhr und auch am Wochenende am meisten los ist.“

Das sind aber auch die Zeiten, zu denen die Kundencenter-Beschäftigten gerne regelmäßig frei hätten. Im Workshop wollen nun Arbeitgeber, Betriebsräte, ver.di und Expert/innen versuchen, die unterschiedlichen Interessen zusammenzubringen, damit das bis dahin entwickelte neue Arbeitszeitmodell zum 1. Januar 2019 starten kann.

Fachtagung in Hattingen

ver.di veranstaltet gemeinsam mit den Technologieberatungsstellen TBS-Netz vom 29. bis zum 31. Oktober unter dem Titel „Gesund, wertgeschätzt und fair bezahlt!“ eine Fachtagung für Betriebs- und Personalräte in Hattingen zur Zukunft der Call- und Servicecenter.

Weitere Informationen unter www.callcentertagung.de