Rechtspopulisten im Parlament – Seit einem Jahr ist die AfD im Deutschen Bundestag vertreten. Die Politologen Christoph Butterwegge und Gudrun Hentges sowie Gerd Wiegel, Referent für den Bereich Rechtsextremismus / Antifaschismus der Linksfraktion im Bundestag, haben die Arbeit der Parlamentarier*innen genau beobachtet und eine Art Zwischenbilanz vorgelegt.

Wiegel, der sich im Rahmen seiner Tätigkeit bislang jeden Redebeitrag der AfD-Parlamentarier*innen angehört hat, spricht von einem „Tonfall, den er im Bundestag nicht für möglich gehalten hätte“. Dabei kritisiert er die Abwertung von politischen Verantwortungsträger*innen ebenso wie die Parallelisierung von Debatten: Selbst Themen, die an sich nichts mit Migration zu tun hätten, würden von der Partei genutzt, um Migrant*innen systematisch an den Pranger zu stellen.

Butterwegge sieht in dem Einzug der AfD in den Bundestag, aber mittlerweile auch in alle 16 Länderparlamente und das Europäische Parlament, eine grundlegende Veränderung des Parteiensystems in Deutschland. Man könne nicht davon ausgehen, dass sich die AfD selbst entzaubern werde. Auch der Parlamentarismus zähme die AfD nicht, eher das Gegenteil sei der Fall. Es sei nicht der richtige Weg für die anderen, über jedes Stöckchen der AfD zu springen. „Nur der konsequente Kampf gegen die äußerste Rechte, der zivilgesellschaftliche Aktivitäten und außerparlamentarische Initiativen einschließt, kann die Normalisierung der parlamentarischen AfD-Repräsentanz verhindern“, lautet das Fazit. hla

Christoph Butterwegge, Gudrun Hentges, Gerd Weigel: Rechtspopulisten im Parlament. Polemik, Agitation und Propaganda der AfD, Westend-Verlag, Frankfurt/Main, 255 Seiten, 20 €, ISBN 978-386489 2219


Irrtum und Wahrheit über die Reallohnentwicklung seit 1990 – Hartmut Görgens, bis zu seinem Ruhestand Leiter unter anderem der Sachgebiete Konjunktur- und Beschäftigungspolitik beim DGB-Bundesvorstand, hat sich immer wieder über Meldungen geärgert, wonach die Reallöhne in Deutschland jahrzehntelang stagniert hätten. „Falls sie stimmten, wären sie ein schlimmes Zeichen für die gewerkschaftliche Lohnpolitik“, so Görgens. In seinem ebenso spannend wie gut zu lesenden Gang durch die Irrungen und Wirrungen der deutschen Statistik widerlegt er Punkt für Punkt die These von der Lohnstagnation.

Der wesentliche Fehler sei, dass die Lohnstatistik lange Zeit nicht die kontinuierlich stark gewachsene Zahl von Teilzeitbeschäftigten und Minijobbern*innen berücksichtigt habe. Bezieht man sie ein, seien die Ergebnisse ganz anders. Görgens weist nach, dass teilzeitbereinigt die Reallöhne im Zeitraum 1990 bis 2016 um gut 25 Prozent gestiegen sind. Aufgrund der Berechnungen Görgens hat sogar das Statistische Bundesamt seine Zeitreihen geändert.

Gewerkschaftliche Lohnpolitik war damit alles andere als erfolglos. Dennoch gesteht auch Görgens ein, dass die Lohnquote heute deutlich niedriger als in den 1990er Jahren ist. Dies liege aber daran, dass die gute gewerkschaftliche Lohnpolitik wegen der gesunken Tarifbindung nur noch jeden zweiten Beschäftigten erreiche. Das sei das eigentliche Problem und müsse behoben werden. Norbert Reuter

Hartmut Görgens: Irrtum und Wahrheit über die Reallohnentwicklung seit 1990. Gegen den Mythos einer jahrzehntelangen Reallohnstagnation, Metropolis-Verlag, Marburg, 106 Seiten 14,80 €, ISBN 978-3731613091