Dienstbeginn um 3 Uhr 40? Für Busfahrer*innen in Hamburg ist das Alltag. Denn für die Hamburger*innen und ihre Gäste ist ohne die Busse und Bahnen, ohne den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) vieles unvorstellbar: Rund um die Uhr sind sie im Einsatz, egal ob für den Weg zur Arbeit, die Heimfahrt nach einem Abend auf dem Kiez oder den Einkaufsbummel in der Innenstadt.

Zu Stoßzeiten ist das Autofahren in der Stadt mehr Qual als Segen, und bei dem typischen Hamburger Wetter muss das Fahrrad oft genug zu Hause bleiben. Bezahlbare Mobilität ist in einer Metropole ein wichtiges Gut. Das hat auch die Hamburger Politik verstanden und verkündet Modernisierungen und Ausbau des Verkehrsnetzes. Über die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten ist aber wenig zu hören, der massive Personalmangel lässt sich anhand der zunehmenden Werbung für Ausbildungsplätze und offene Stellen nur erahnen.

Die Realität ist: Es liegt vieles im Argen. Infolge der Öffnung für den europäischen Wettbewerb vor 20 Jahren gerieten Tarifverträge unter Druck , Tarifflucht, Fremdvergabe und Kostendruck waren ständige Begleiter von Tarifauseinandersetzungen. Im ÖPNV stiegen die Fahrgastzahlen in den letzten 20 Jahren um 24 Prozent, die Zahl der Beschäftigten hingegen sank um 18 Prozent. Personalabbau und Arbeitsverdichtung prägen die Arbeitsbedingungen.

Nun dreht sich der Wind: ver.di wird die Manteltarifverträge in allen Bundesländern gleichzeitig angehen, und aus der Frage, wie die Arbeitsbedingungen im ÖPNV aussehen müssen, macht ver.di eine bundesweite Bewegung. In den Manteltarifverträgen geht es um die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit, Urlaub, Sonderzahlungen, Zuschläge und Zulagen, Überstunden, besondere Regelungen für die Dienstplanung, Pausen, Eingruppierung und vieles mehr. Kurzum, dies wird keine Tarifauseinandersetzung wie viele andere.

Aktive Vertrauensleute und Tarifkommissionsmitglieder sind die Basis der Kampagne „Umsteigen – Fahrt Richtung Zukunft“, mit der ver.di bis Ende 2020 bundesweit gemeinsame Tarifstandards für den Personennahverkehr erreichen will. In Hamburg sind die beiden Unternehmen Hamburger Hochbahn und Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) betroffen. Hier haben sich die rund 100 aktiven Gewerkschafter*innen vorgenommen, alle Beschäftigten anzusprechen. Ende Juni geht es mit einer Aktionswoche los. Die Themen werden dann 2019 breit diskutiert, 2020 folgen die konkreten Vorbereitungen und die Verhandlungen.

Die aktiven Kolleg*innen wissen, dass sie ein dickes Brett bohren. Dennoch ist Thorsten Hukriede, Vertrauensleuteleitungssprecher bei der Hochbahn, optimistisch: „Jetzt, wo wir unsere Kräfte gebündelt haben, sind die Kolleginnen und Kollegen kämpferisch drauf undwären auch streikbereit. Nach zwei Jahrzehnten des Sparens sind wir einfach mal dran.“ Dabei setzen die Aktivist*innen auch auf das Verständnis und die Unterstützung der Bürger*innen. Thorsten Hukriede ist überzeugt: „Die Menschen wissen, dass es einen guten ÖPNV auf Dauer nur geben kann, wenn das Fahrpersonal nicht überlastet ist und unter guten Bedingungen arbeitet.“

Die Kampagne kann in Sozialen Medien unter #TVN2020 verfolgt werden.