Ein weibliches Rollenvorbild tritt ab

Ellen Maurer ist standfest und hat Ausdauer. Die Aktivitäten ihres Berufslebens umfassen Jahrzehnte: 41 Jahre Gewerkschaftsmitglied, 41 Jahre ehrenamtliches Engagement, mehr als 25 Jahre lang Betriebsrätin, 16 Jahre Vorsitzende des Landesbezirksvorstands, gefragte Gremien-, Sitzungs- und Konferenzleiterin. Bei der Landesbezirkskonferenz im März ist Ellen Maurer nicht mehr angetreten. „Ich werde dieses Jahr 60, die Gesundheit meldet sich, es ist der Zeitpunkt, ehrenamtliche Funktionen nach und nach auslaufen zu lassen. Ich werde mich nun langsam auf die Rente vorbereiten. Auch im Betrieb sage ich den Kolleg*innen immer, ich bin nur noch wenige Jahre da, richtet euch drauf ein.“

Gewerkschaft statt Lesekreis

So souverän wie Ellen Maurer als Solistin Sitzungen leitet, so wenig drängt sie sich nach vorn, wenn es darum geht, Erfolge zu benennen. „Es war die Art des Arbeitens, die ich als erfolgreich erlebt habe. Wenn wir als Gremium etwas diskutiert hatten, es thematisch aufgearbeitet und dann in einer Veranstaltung den Mitgliedern nahegebracht haben.“ Den doch erheblichen zeitlichen Aufwand für das ehrenamtliche Engagement wischt sie weg mit dem Satz: „Ich habe Gewerkschaftsarbeit immer auch als mein Hobby begriffen. Ich bin dann eben nicht in den Lesekreis gegangen, sondern habe mindestens zweimal die Woche in meiner Freizeit einen Gewerkschaftstermin eingeplant.“ Ellen Maurer ist eine leidenschaftliche Verfechterin der Quote bei ver.di. „Meiner Meinung nach hat sie gut gewirkt. Dadurch, dass Frauen einen festen Platz in der Organisation haben, sind andere Themen und andere Sichtweisen möglich, als wenn Männer die Gremien dominieren würden. Bei den Hauptamtlichen sehe ich leider zu wenig Frauen nachkommen. Da gibt es Handlungsbedarf. Es müssten viel mehr Frauen auf lange Sicht gefördert und vorbereitet werden, quasi als Führungsreservoir.“

Insgesamt, so Ellen Maurer, haben Gewerkschaften genau wie Parteien ein Kommunikationsproblem. Ihre durchaus berechtigten Themen brächten sie nur schlecht an die Leute. „Ich finde, die Menschen müssten uns dafür loben, dass wir es waren, die maßgeblich den Mindestlohn erkämpft haben. Sie müssten sagen, jetzt machen wir an dem Punkt weiter, wir treten in die Gewerkschaft ein. Aber das sehe ich nur wenig.“

Mit Ellen Maurer tritt ein weibliches Rollenvorbild ab. Eine Gewerkschafterin mit Leib und Seele. Ute Fritzel

Ausführliches Interview: hessen.verdi.de/brennpunkt/organisationswahlen-2018-2019