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Ralf Sander nach der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Hannover – erleichtert und weiter kämpferischFoto: Sebastian Triebel/ver.di

"Das war emotional schon heftig. Es fing ja Mitte März an. Und das geht über eine so lange Zeit an die Substanz", sagt der erfahrene Betriebsratsvorsitzende bei Primark in Hannover und engagierte Gewerkschafter Ralf Sander. Primark wirft ihm vor, einen groben Datenschutzverstoß begangen zu haben. Er habe im Rahmen seiner Tätigkeit in einer Einigungsstelle einen Dienstplanvorschlag im Homeoffice erarbeitet und an die Beisitzer der Einigungsstelle gesendet. Dafür wollte Primark ihn fristlos kündigen. Obwohl Betriebsräte besonders vor Kündigung geschützt sind.

Aus ver.di-Sicht war der Kündigungsgrund vorgeschoben und ein klarer Fall von Union Busting. Der Betriebsratsvorsitzende wird deshalb von ver.di unterstützt. Zudem bekommt er viel solidarischen Zuspruch, aus der Belegschaft und sogar deutschland- und weltweit. Gerade die große Solidarität habe ihm in der schweren Zeit "unwahrscheinlich geholfen", sagt Ralf Sander rückblickend auf die letzten Wochen.

„Der irischen Modekette geht es überhaupt nicht um den Datenschutz“
Sebastian Triebel, Gewerkschaftssekretär

"Der irischen Modekette geht es überhaupt nicht um den Datenschutz", erläutert der zuständige Gewerkschaftssekretär Sebastian Triebel. Primark habe sich in der Vergangenheit eben nicht durch besonderes Engagement im Datenschutz ausgezeichnet. Im Gegenteil. "Erst der Betriebsrat in Hannover hat dafür gesorgt, dass die Kameraüberwachung im Store eingeschränkt wird und für die Erfassung der Arbeitszeiten neuerdings keine biometrischen Daten der Beschäftigten erhoben werden", erläutert Triebel.

Gemeinsam mit den Beschäftigten hat ver.di den Kampf gegen das Union Busting bei Primark angetreten. In einer Petition wurden über 1.800 Unterschriften gegen die Kündigung von Ralf Sander gesammelt. Unter dem Motto "Wir alle sind Ralf" wurden über 200 Fotos auf der Facebook-Seite von ver.di Handel Niedersachsen-Bremen veröffentlicht.

Am 19. Mai entschied das Arbeitsgericht Hannover, dass die vorgebrachten Vorwürfe gegen Ralf Sander nicht für eine fristlose Kündigung reichen. "Es war eine kurze Verhandlung. Die rechtliche Bewertung der zuständigen Kammer war klar und deutlich und entspricht unseren Erwartungen," so Sebastian Triebel anschließend.

Auch Ralf Sander ist erleichtert. "Eine Riesenlast ist von mir gefallen", sagt er. Das Ganze gehe schließlich nicht so einfach an ihm vorbei. "Nach dem Urteil war ich erst einmal erleichtert. Trotzdem waren die letzten Tage heftig, denn da wurde mir erst so richtig bewusst, es ging um meine Existenz." Auch für einen vom Gesetz her besonders geschützten Betriebsrat sei das "brutal", wenn der Arbeitgeber ihn loswerden will.

Zermürbungstaktik

Nicht nur in Hannover, auch in Berlin und Weiterstadt sind Betriebsräte mit dem Vorwurf des Datenschutzverstoßes unter Druck geraten. Die irische Modekette gehe mit ihren Vorwürfen gezielt gegen engagierte Betriebsräte und Gewerkschafter vor, um sie zu zermürben und die Belegschaft einzuschüchtern, sagt Triebel. "Diese systematische Einschüchterung muss aufhören," betont der Gewerkschafter.

Wie groß die Solidarität unter den Beschäftigten und unter den Kunden mittlerweile geworden ist, zeigt sich auch in der aktuellen Handelstarifrunde. So rief ver.di Ende Mai zum Warnstreik auf und appellierte zugleich vor der Filiale in Hannover, die Petition zu unterstützen und die Geschäftsführung aufzufordern, die Kündigung gegen Ralf Sander zurückzunehmen. Sofort erklärten sich viele Kunden solidarisch und unterschrieben. "Das Urteil des Arbeitsgerichts ist ein wichtiger Sieg für die demokratische Mitbestimmung in Unternehmen", freut sich Triebel. "Das haben wir gemeinsam mit all denen geschafft, die sich solidarisch mit Ralf gezeigt haben und Union Busting weiter den Kampf ansagen."

Anderen Betriebsräten, die gebasht werden, empfiehlt Ralf Sander, sich unbedingt zu vernetzen, in die Gewerkschaft einzutreten und Unterstützung zu holen. "Ich hatte großes Glück. Schon beim Gütetermin bekam ich breite Unterstützung von ver.di." Auch intern sei er sehr gut vernetzt. "Unsere Belegschaft ist der pure Wahnsinn, die sind so toll und haben mich voll unterstützt. Wenn du das nicht hast, geht es dir schlecht."