Ausgabe 03/2007
Sie wissen manches besser
Die Kompetenzen aller Mitarbeiter/innen der Sozialholding in Mönchengladbach werden gezielt gefördert, die Arbeitszeit flexibel gestaltet. 29 Prozent sind 50 und älter
"Sozial handeln - wirtschaftlich arbeiten" ist die Grundhaltung der Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach GmbH. Das städtische Unternehmen bietet ambulante, teilstationäre und stationäre Pflege für alte Menschen an, einen Vollverpflegungs-Service, die Ausbildung von Altenpfleger/innen sowie Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen von Arbeitslosen in einer eigenen Bildungs-GmbH. In ihren Altenheimen verzeichnet die Sozial-Holding nicht nur einen steigenden Anteil hochaltriger und pflegeintensiver Bewohner. Auch das Durchschnittsalter der Beschäftigten steigt. Von den heute rund 900 Mitarbeiter/innen des Unternehmens sind 29 Prozent 50 Jahre und älter. Der Geschäftsführer Helmut Wallrafen-Dreisow erwartet aufgrund des demografischen Wandels ab dem Jahr 2010 einen deutlichen Anstieg der über 50-jährigen Erwerbstätigen.
Schon jetzt fördert das Unternehmen mit vielfältigen Maßnahmen die Kompetenzen aller Mitarbeiter/innen. Dazu zählen Anerkennung und Wertschätzung ebenso wie lebenslanges Lernen, der tägliche Apfel genauso wie eine Rückenschule, Nichtrauchertraining, Ernährungsschulung, Wellness oder Badminton. Unabhängig von Alter, Geschlecht, Bildung oder Ausbildung stehen allen Beschäftigten Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen offen. Mit Jahresarbeitszeitkonten auf einem EDV-gestützten Dienstplanungsprogramm ist ihre Arbeitszeit über die Woche hinaus flexibel gestaltbar. Alleinerziehende müssen zum Beispiel nicht in Schichten arbeiten. Nicht zuletzt gibt es die Idee einer "Stunde gegen die Arbeitslosigkeit": Interessierte Beschäftigte arbeiten mindestens vier Stunden im Monat weniger. Mit dem eingesparten Geld werden neue, ältere Beschäftigte eingestellt.
Wallrafen-Dreisow setzt besonders auf ihre Erfahrung und Routine. Auf das Vorurteil, ältere Beschäftigte wollten immer alles besser wissen, hat er nur eine Antwort: "Sie wissen es manchmal besser!"
pewe
Marion Steinwertz, 63, Altenpflegerin im Altenheim Windberg der Sozial-Holding Mönchengladbach
Ich habe erst mit 49 Jahren gelernt, was ich schon immer wollte. Jetzt möchte ich, dass es den alten Menschen hier gut geht, dass sie sich wohl fühlen. Da ich noch nicht so lange dabei bin, bin ich noch sehr motiviert. Und obwohl der Beruf seelisch und körperlich anstrengend ist, war es von Anfang mein Wunsch, bis 65 zu arbeiten. Wenn es meine Gesundheit zulässt, würde ich auch ein oder zwei Jahre dranhängen. Aber das sollte auf keinen Fall zur Pflicht werden. Wer 30 Jahre und länger im selben Beruf arbeitet, vor allem in einem physisch anstrengenden, der ist irgendwann ausgebrannt. Für mich ist es sehr erfrischend, mit jungen Menschen zusammenzuarbeiten. Mein Geist, mein Denken ist immer gefordert. Andererseits kann ich die auch mal runterholen, kann ausgleichen, meine Erfahrungen weitergeben. Zugeben muss ich, dass die schon besser zupacken können: Wenn ich zehn Heimbewohner am Morgen pflegen muss, dann fällt mir das definitiv schwerer.
Daniela Sänger, 44, Altenpflegerin im Altenheim Windberg der Sozial-Holding Mönchengladbach
Das Wichtigste in meinem Beruf ist der enge Kontakt zu den Bewohnern unseres Hauses. Vor allem, dass wir hier ganzheitlich betreuen, uns nicht nur um ihre Pflege kümmern, sondern helfen, den Tag zu planen und auszufüllen. Und das möchte ich noch so lange tun, wie es geht. Wenn es denn so kommen sollte, werde ich auch kein Problem damit haben, bis 67 zu arbeiten. In unserer Familie sind alle selbstständig und arbeiten so lange wie es geht. Außerdem sehe ich an meinen älteren Kolleginnen, welche Gelassenheit man mit dem Alter gewinnt. Aber ich denke auch, alles, was man muss, kann nicht gut sein. Heute kann man gar nicht mit Sicherheit sagen, dass wir trotz steigenden Lebensalters auch länger gesünder und arbeitsfähig sind. Die Menschen sind heutzutage vielmehr multimorbider. Sie haben mehrere Krankheiten, die zunehmenden Umweltbelastungen kommen erschwerend hinzu. Aber darüber wird in den Medien oft nicht gesprochen.