Die Unternehmenssteuern sollen gesenkt werden und trotzdem hofft der Bundesfinanzminister mittelfristig auf höhere Einnahmen

Entspannung durch Geldgeschenke.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat sich viel vorgenommen. Er will die Steuern auf Unternehmensgewinne senken und damit gleichzeitig höhere Einnahmen erwirtschaften. "Unternehmenssteuerreform" heißt das Zauberwort. Über den Entwurf der Bundesregierung wurde Ende März im Bundestag in erster Lesung diskutiert.

In Kraft treten soll die Reform 2008. Für das erste Jahr hat Steinbrück Steuerausfälle für Bund, Länder und Gemeinden in Höhe von 6,5 Milliarden Euro eingeplant. Ein Jahr später will er das Niveau von 2007 erreichen, ab 2012 verspricht er eine Steigerung der Steuereinnahmen um fast 30 Prozent. Dazu sollen Steuerschlupflöcher geschlossen werden.

Die Gewinne sind umso stärker gewachsen

Die Bundesregierung verspricht sich von der Reform mehr Investitionen und Beschäftigung. "Das funktioniert so nicht", kritisiert Michael Schlecht, zuständig beim ver.di-Bundesvorstand für Wirtschaftspolitik. Ende 2001 hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung die Unternehmenssteuern kräftig gesenkt. Acht Milliarden Euro sollten Konzernen und Aktiengesellschaften damals nachgelassen werden. "Am Ende wurde daraus ein Geschenk von über 20 Milliarden", erinnert sich Schlecht. Statt 2001 Steuern zu zahlen, hätten die Unternehmen 400 Millionen Euro vom Staat zurückbekommen. "Investitionen und Arbeitsplätze sind gleichwohl weiter zurückgegangen. Mindestens 50 Milliarden Euro Steuereinnahmen sind seitdem verschenkt worden. Dafür sind die Gewinne umso stärker gewachsen", sagt der Gewerkschafter.

Die Bundesregierung will mit ihrem Vorhaben der internationalen Konkurrenz Paroli bieten - obwohl das Land Exportweltmeister ist. Bei knapp 39 Prozent liegt die Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland. Nur noch in Japan und den USA ist sie höher. "Die tatsächliche Besteuerung ist löchriger als ein Schweizer Käse. Große Teile des Gewinns werden herausgerechnet und gar nicht besteuert", so Schlecht. So zahlte die Allianz 2005 nur 17 Prozent ihrer Gewinne an Steuern, Deutsche Post und EON zehn Prozent.

Wie hoch die tatsächliche Besteuerung in Deutschland ist, darüber gibt es unterschiedliche Angaben. Die EU geht von 20 Prozent aus, Lorenz Jarass, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Fachhochschule Wiesbaden, nur von 16 Prozent. Diese Spanne schätzt Schlecht als realistisch ein, zumal noch nicht einmal aus dem Finanzministerium genaue Zahlen zu bekommen seien.

Jarass rechnet mit Einnahmeverlusten von zehn Milliarden Euro pro Jahr, falls die Regierung ihre Pläne durchsetzt. Das ist die Hälfte der geplanten Mehreinnahmen durch die Mehrwertsteuererhöhung. "Die Steuerpolitik ist mitverantwortlich dafür, dass dreiviertel der Menschen diese Republik für unsozial halten", wirft Schlecht den Politikern vor.

Andere Länder ziehen nach

Als Reaktion auf die deutschen Pläne haben bereits andere Ländern angekündigt, ihre Unternehmenssteuern auch zu senken. Dazu zählen beispielsweise Frankreich und Großbritannien.

Widerstand gegen die Reform gibt es auch im Bundestag. Die SPD-Linke kritisiert das Vorhaben, allerdings kann sie sich eine Senkung der Körperschaftssteuer auf 19 Prozent vorstellen. Dann sei sie ihrer Meinung nach aufkommensneutral. Die Linksfraktion lehnt sie generell ab. Die zweite und dritte Lesung ist für Ende Mai geplant; noch vor der Sommerpause soll der Bundesrat zustimmen.

www.wipo.verdi.de

Nachgelesen

Der Steuerexperte Lorenz Jarass, hat das Gutachten Unternehmenssteuerreform 2008 erstellt. Es ist als kostenloser Download auf seiner Homepage unter www.jarass.com erhältlich.

Körperschaftssteuer

Belegt damit werden die Gewinne von Aktiengesellschaften und GmbHs. Sie soll nach dem Willen der Bundesregierung von 25 auf 15 Prozent sinken. Zugleich soll die Messzahl der Gewerbesteuer von 5 auf 3,5 Prozent verringert werden. Hinzu kommt der Solidaritätszuschlag. Insgesamt müssen Unternehmen damit von ihrem Gewinn nicht mehr 38,65 Prozent an den Fiskus abführen, sondern nur noch 29,83 Prozent.

Einkommenssteuer

Der Großteil der deutschen Betriebe sind Personengesellschaften. Sie zahlen auf den Gewinn bis zu 42 Prozent Einkommenssteuer. Auf Antrag soll dieser Steuersatz auf 28,23 Prozent abgesenkt werden.