Rekommunalisierung heißt das neue Zauberwort

Eigene Kräfte werden wiederentdeckt

Einst galt die Vergabe von öffentlichen Dienstleistungen an private Unternehmen als Allheilmittel für chronisch klamme kommunale Kassen. Nun wendet sich das Blatt. Immer mehr Kommunen nehmen das Heft wieder selbst in die Hand und sind dabei noch billiger als private Anbieter. Das Zauberwort heißt Rekommunalisierung. ver.di PUBLIK sah sich in Niedersachsen und Bremen um.

Beispiel Hannover: Die Stadt Hannover betreibt die Prüfstatik wieder weitgehend kommunal. Aufträge wurden in der Vergangenheit meist an Private vergeben. Auch in Zukunft würden private Statiker im Stadtauftrag die Gebäudestatik prüfen, doch eher um Arbeitsspitzen abzufangen, erläutert ein Personalrat. Für das normale Geschäft sollen zwei kommunale Stellen geschaffen werden. Woher der Sinneswandel kommt? Den Ausschlag gab das Geld. Denn Berechnungen haben ergeben, dass es um 30 Prozent günstiger kommt, eigene Prüfer zu beschäftigen. Die Rechnung ist einfach: Ohne "Okay" der Statiker gibt es keine Baugenehmigung. Die Bauherren müssen die Arbeit bezahlen - gemäß Gebührenordnung. Fazit: Werden zwei Prüfstatiker eingestellt, erwirtschaften die beiden Mitarbeiter aller Voraussicht nach jeweils 30000 Euro. Dabei sind ihre Gehälter schon abgezogen. Die Stadt rechnet weitere Vorhaben durch.

Beispiel Soltau-Fallingbostel: Kommunale Ämter oder Eigenbetriebe können als Abfallentsorger genauso günstig, häufig auch zuverlässiger und besser arbeiten als Private - heißt es im niedersächsischen Landkreis Soltau-Fallingbostel. Doch bis es so weit war, brauchte es praktische Überzeugungsarbeit. In Soltau leerten Private seit der Fusion der Kreise 1977 die Mülltonnen, in Fallingbostel der Landkreis. Der Flächenkreis mit 140000 Einwohnern konnte sich zwei Systeme nicht leisten.

Hinzu kommt, dass der Abfall erst in einen anderen Kreis zur Vorbehandlung gefahren, zurückgeholt und dann entsorgt wird. Allein durch das Einsammeln kamen stattliche Kilometer und Fahrzeiten zusammen. Die Mannschaft leerte so viele Tonnen, bis der Müllwagen voll war und pendelte zur dezentralen Containerstelle und zurück. Lösung: Die Abläufe wurden getrennt, eine neue Logistik installiert. So konnte der Landkreis mit den Privaten konkurrieren.

Beispiel Bremen: Seit 1993 werden in fast allen Bereichen des bremischen öffentlichen Dienstes keine Reinigungskräfte mehr eingestellt. Einsparungen erfolgten auf dem Rücken der untersten Lohngruppen. Jede ausgeschiedene Kollegin wurde durch eine Privatkraft ersetzt. Fazit: Ein hoher Altersdurchschnitt bei den Festangestellten. Doch die Privaten lieferten zumeist schlechte Arbeit, die Firmen wechselten häufig. Einige hundert Frauen können jetzt hoffen: Gesamtpersonalrat und Bremer Senat wollen wieder Neueinstellungen in Eigenregie vornehmen. Über viele Jahre hatte ver.di Druck gemacht und eine Abkehr von der Privatisierung gefordert.

"Rekommunalisierung ist ein Weg, Arbeitsplätze bei den Städten und Gemeinden zu erhalten und neue zu schaffen", sagt ver.di-Fachbereichssekretär Martin Peter. Damit sei auch gewährleistet, dass für die Kolleg/innen weiter der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes gelte. Zudem blieben Gebühren und Einnahmen vor Ort und müssten nicht als Gewinn an eine Konzernzentrale überwiesen werden.