KARIN WENK, verantwortliche Redakteurin der ver.di-Zeitschrift Menschen Machen Medien

"Harte Eingriffe" seien notwendig, damit die Rendite von ProSiebenSat.1 "spürbar gesteigert" werden könne, sagt Guillaume de Posch, Chef des zweitgrößten deutschen TV-Konzerns. Und allein um ehrgeizige Renditeerwartungen geht es. Gesagt, getan! Mehr als 200 Beschäftigten der Sendergruppe in Berlin und München wurde umgehend der Rausschmiss angekündigt, vor allem bei Sat.1 in der Hauptstadt. Hintergrund: das Ende von Programmen wie Sat.1 am Abend und des Boulevardmagazins Blitz. Bei der technischen Produktionstochter PSP sind bereits 40 Arbeitsplätze weggefallen. Wird PSP bis zum Jahresende verkauft, sind rund 1000 Beschäftigte betroffen. Wenn der Kurs "Härte zeigen durch Jobvernichtung" beibehalten wird, ist noch Einiges zu befürchten.

Bei alledem konnte die Sendergruppe im zweiten Quartal dieses Jahres durchaus Profite und Umsatzsteigerungen verzeichnen. Auch deshalb sind die Entlassungen in Größenordnungen kaum nachvollziehbar. Argwohn steigt auf: Geht es um ein Ausbluten des Konzerns, indem er zerlegt wird? Hauptsache, die Rendite stimmt im nächsten Quartal, dann gehen wir zum nächsten Coup über. Aber was soll es, schließlich wurde erst kürzlich die Fusion mit der skandinavischen SBS Broad- casting durch Schulden in Milliardenhöhe finanziert. Die müssen wieder eingespielt werden. Denn hinter dem Deal stehen die Finanzinvestoren Permira und KKR, auch Heuschrecken genannt. Sie versprechen sich Einspareffekte etwa beim Programmeinkauf und bei Eigenproduktionen. Der neue TV-Riese erreicht angeblich 200 Millionen Zuschauer in 13 Ländern.

Apropos Zuschauer: Die braucht man dann doch, wegen der Quote. Sie ist die Basis für die Werbeeinnahmen - nicht unerheblich für die Rendite! Deshalb wolle man auch "durch Investitionen in Programmqualität wieder mehr Zuschauernähe erreichen", sagt de Posch. Oh, da wird jetzt sogar das Wort Qualität in den Mund genommen. Also, damit wir das richtig verstehen: Mit der Streichung von Sendungen, die durchaus hohe Zuschaueranteile verzeichneten, und mit Massenentlassungen soll die Programmqualität erhöht werden? Sehr überzeugend.