Viele Druck- und Medienbetriebe in Unterfranken bringen ihre Mitarbeiter gegeneinander in Stellung und verschlechtern permanent die Arbeitsbedingungen

Bei der Mainpost ersetzen Leiharbeiter die Redakteure

Würzburg | In der Medien- und Druckindustrie werden die Arbeitsbedingungen immer prekärer. So sind zum Beispiel von den 25 Betrieben in Unterfranken, in denen ver.di präsent ist, nur noch drei tarifgebunden. Alle anderen sind in keinem Arbeitgeberverband mehr oder haben sich für eine "OT"-Mitgliedschaft entschieden - ohne Tarifbindung also.

Die Gruppe der Beschäftigten ist "mindestens zweigeteilt", beschreibt ver.di-Sekretär Peter Baumann die Situation. Auf der einen Seite stehen die kontinuierlich schrumpfenden Stammbelegschaften, die zunächst noch relativ gut dastehen. Wer dagegen einen neuen Arbeitsvertrag unterschreibt, muss sich mit wesentlich weniger Lohn abfinden. Schätzungsweise 80 Prozent dieser Stellen sind außerdem befristet.

Parallel wächst die Zahl der Leiharbeiter. So hat der Verlag Mainpresse, der die Tageszeitungen Mainpost, Volksblatt und Schweinfurter Tagblatt herausgibt, inzwischen mehrere eigene Arbeitnehmerüberlassungsfirmen. Wenn die Entwicklung nicht gestoppt wird, dürfte sich die Stammbelegschaft innerhalb von zehn Jahren aufgelöst haben. Damit wäre auch die Tarifbindung des Unternehmens für niemanden mehr etwas wert. Weit unter dem Tarifvertrag angesiedelte Gehälter bis hin zu Armutslöhnen sind in unterfränkischen Medienbetrieben heute keine Seltenheit mehr, berichtet Baumann. So verdienen Beschäftigte in der Weiterverarbeitung teilweise nicht einmal mehr acht Euro. Der Tariflohn liegt bei über zwölf Euro. Offenbar aus Angst vor Hartz IV lassen sich viele Beschäftigte auf solche Bedingungen ein.

Angriffe nehmen zu

Solidarität hat unter solchen Umständen nur wenig Chancen, und vielerorts ziehen die geteilten Belegschaften an unterschiedlichen Strängen. Die Unternehmensleitungen nutzen das aus. Der ver.di-Ortsvorstand beobachtet, dass nicht nur die Zahl der Angriffe auf die Arbeitsbedingungen zunimmt, sondern auch die Härte. Mit Psychoterror werden Belegschaftsmitglieder so lange unter Druck gesetzt, bis sie Einzelarbeitsverträge unterschreiben. Ein Beschäftigter wurde zum Beispiel darauf hingewiesen, dass seine Frau schwanger sei, sagt Peter Baumann. Unter diesen Bedingungen sei es doch sicher besser für ihn, den neuen Arbeitsvertrag zu unterschreiben, als arbeitslos zu werden.

Zugleich machen Chefs Investitionen von "positiven Signalen" der Belegschaft abhängig. Im Klartext: Die Beschäftigten sollen die Modernisierung des Betriebs durch persönliche Einbußen mitfinanzieren - über die permanenten Sonderschichten und Überstunden hinaus, die zum Alltag gehören.

Die Kolleginnen und Kollegen des Aschaffenburger "Druckhauses Main-Echo" kämpfen schon seit drei Jahren zusammen mit ver.di für einen Firmentarifvertrag. Die Gewerkschaft wirft dem Unternehmen vor, Verabredungen zu Gesprächen immer wieder gebrochen zu haben. "Beim Urlaubsgeld, der Jahresleistung, der Arbeitszeit und den Zuschlägen hält sich die Geschäftsführung nicht an den Tarifvertrag", berichtet ver.di-Bundesfachbereichsleiter Frank Werneke. Auch die 100 Unterschriften aus der Belegschaft für einen Tarifvertrag ignoriert die Unternehmensleitung bisher.

Wie einer solchen Situation beizukommen ist, das sorgt nicht nur bei ver.di in Unterfranken für hitzige Diskussionen. "Wir müssen von der Politik der Resolutionen und Samstagsaktionen wegkommen", sagt Baumann. Ohne eine Veränderung der politischen Rahmenbedingungen sei die Erosion von Arbeitnehmerrechten in den Betrieben nicht aufzuhalten. Weg mit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, weg mit dem Teilzeit- und Befristungsgesetz, weg mit der Hartz IV, fordert er deshalb. Und hofft auf eine neue, breite Bewegung in der Gesellschaft.