Der Mindestlohntruck auf dem Sozialforum

Gewerkschaften können wieder bewegen und Themen setzen. Das zeigte sich auch an dem Zuspruch, den ver.di beim Sozialforum in Cottbus erfuhr

COTTBUS | Mit dem großen roten Mindestlohntruck zog ver.di beim 2. deutschen Sozialforum in Cottbus Mitte Oktober alle Blicke auf sich. Der stand an allen vier Veranstaltungstagen vor einem der beiden Veranstaltungsorte, der Stadthalle. Und da blieben erstmal alle stehen, nicht nur die rund 1500 Forumsteilnehmer/innen. Die überlebensgroßen Puppen, mit denen ver.di und die NGG bereits im Sommer in zahlreichen Städten auf der Mindestlohn-Tour für Aufsehen gesorgt hatten, waren auch bei der Demo dabei, die am Samstag durch die Innenstadt und die Wohngebiete zog. Mit an der Spitze lief der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske.

Er hatte bei der Diskussionsrunde "Arbeitswelt und Menschenwürde" die Forderung nach der Einführung eines Mindestlohns in Höhe von mindestens 7,50 Euro wiederholt. Bsirske machte am Beispiel der Mindestlohn-Initiative klar, dass die Gewerkschaften durchaus in der Lage seien, Themen zu setzen und dafür zu mobilisieren.

Quer durch die Republik

ver.di war eine der Mitveranstalterinnen des 2. deutschen Sozialforums, an dem sich auch soziale Bewegungen und Nichtregierungsorganisationen beteiligten. Die Gewerkschaft sei gut vertreten gewesen, in der Breite wie in der Tiefe, sagt Vera Morgenstern, die für ver.di die Koordinatorin bundesweiter Sozialforen ist. Fachbereiche, Frauen- und Personengruppen beteiligten sich ebenso wie Mitglieder aus Bezirken und Landesbezirken der ganzen Republik. Auffällig war beispielsweise eine Gruppe des ver.di-Landesbezirks NRW, die mit dem Bus zehn Stunden quer durch die Republik gefahren war, um in Cottbus mit zu diskutieren.

Einzelne Bereiche von ver.di traten als Mitorganisatoren verschiedener Workshops und Foren auf, zum Beispiel ver.di-Berlin bei "Armer Staat - arme Bürger/innen". Im Mittelpunkt stand der Widerspruch, dass dem Staat immer weniger Geld für öffentliche Aufgaben zur Verfügung steht, gleichzeitig aber die privaten Vermögen wachsen.

Gemeinsam mit der Internationalen für den Öffentlichen Dienst (IÖD) hatte ver.di ein Seminar aus der Partnerschaftsreihe nach Cottbus und damit zum Sozialforum verlegt. Dabei ging es - gemeinsam mit Gewerkschaften aus Mittel- und Osteuropa - um Nutzen und Erfahrungen internationaler Gewerkschaftsarbeit.

Bereitschaft zum Dialog

"Wir haben hier die Politik fortgesetzt, punktuell mit anderen sozialen Bewegungen zusammenzuarbeiten - wenn es inhaltlich und thematisch passt", so Vera Morgenstern. Es sei ein Ziel der deutschen Sozialforen, die kritischen Kräfte in Deutschland zu vernetzen, damit sie gemeinsam in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Dabei hat sich die Rolle der Gewerkschaften seit dem 1. deutschen Sozialforum, das vor zwei Jahren in Erfurt tagte, verändert. Damals sei in den Diskussionen noch eine große Gewerkschaftsfeindlichkeit zu spüren gewesen, erinnert sich Bernhard Jirku, beim ver.di-Bundesvorstand für die Erwerbslosen zuständig. Die sei nun der Bereitschaft zum Dialog gewichen.

Für die Stadt Cottbus selbst wirke das Sozialforum nachhaltig, sagte Ralf Franke vom ver.di-Bezirk Cottbus. Es habe den politischen Kräften und der Stimmung in der Region Auftrieb gegeben und deren Zusammenarbeit verstärkt.Heike LAngenberg