Zwei Quadratmeter Deutschland

Vom Arbeitsalltag in Kindergärten: Personal- und Platzmangel, wenig Geld - ein Erfahrungsbericht

Nachmittags-Brotzeit in einer Kindertagesstätte

Das erste, was fast jede und jeder mittlerweile schon einmal über die Arbeit in Kindertagesstätten gehört hat, ist die schlechte Entlohnung. Nach dem Tarifvertrag öffentlicher Dienst TVöD wird eine Erzieherin oder ein Erzieher in Entgeltgruppe 6 eingestuft. Das sind in den ersten Jahren in einer Einrichtung etwa 2000 Euro brutto. Was da netto herauskommt, ist nicht gerade sehr viel - und bei einem Wechsel zu einem anderen Träger ändert sich diese Summe auch nicht. Bedenkt man außerdem die vielen Teilzeitstellen in diesem Bereich, dürfte den meisten Erzieherinnen und Erziehern der Lohn nicht zum Leben reichen.

Wer außerhalb des Öffentlichen Dienstes eine Stelle gefunden hat, schaut in der Regel noch dümmer aus der Wäsche. Zuschläge und Zulagen sind hier meist geringer oder fehlen gänzlich. In Elterninitiativen - in solch einer Einrichtung habe auch ich meinen Arbeitsplatz - arbeiten wir beispielsweise an Elternabenden nicht selten bis 24 Uhr ohne jeden Zuschlag. Der einzige, allerdings nicht sehr solidarische Lohnzuschlag, die Leistungszulage, findet in manchem Arbeitsvertrag von Elterninitiativen ebenfalls keine Aufnahme.

Elterninitiativen sind nicht besser

Auch sonst sind die Arbeitsbedingungen nicht rosig. In den meisten Elterninitiativen ist es Tradition, dass bei Bedarf sehr flexibel gearbeitet wird. Ist eine Kollegin krank, so wird der Arbeitsalltag unter Anhäufung vieler Überstunden von den anderen bestritten (soweit vorhanden, denn Elterninitiativen sind meist kleine Klitschen). Der Abbau der Überstunden bedeutet für die anderen Kolleginnen und Kollegen wieder flexible Arbeitszeit und Überstunden, ganz zu schweigen von der zusätzlichen Belastung, die Gruppe allein zu "schmeißen". Ich denke allerdings, dass es in städtischen Kindergärten oder Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände nicht wesentlich anders aussieht. Denn mit zwei vollen Stellen bei 25 Kindern ist der Personalmangel offensichtlich - trotz Springern im städtischen Bereich.

Aber nicht nur die Überstunden sind es, auch die Arbeitsbelastung nimmt zu, je weniger Personal vorhanden ist. Das umso mehr, als wir aufgrund fehlender Finanzierung und zunehmend weniger dafür zur Verfügung gestellter Stunden kaum Möglichkeiten zur Fortbildung haben. Wir können mit dem vorhandenen geringen Personalaufwand und mangelnder Weiterqualifizierung weder dem vorgeschriebenen Bayerischen Erziehungs- und Bildungsplan mit seinem enormen zusätzlichen Verwaltungsaufwand gerecht werden, noch unseren Körper dauerhaft arbeitsfähig halten.

Viele Kinder auf wenig Raum, mehr Arbeitsverdichtung und zu geringe Arbeitsstundenkontingente bedeuten eine unglaublich hohe Lärmbelastung und nervliche Anspannung. In derartigen Situationen sind Überlastungen und gesundheitliche Probleme vorprogrammiert. Ich komme immer wieder aus der Arbeit und bin nicht in der Lage, mit Freunden in eine Kneipe zu gehen oder zu Hause ein gemeinsames Abendessen zu organisieren. Lärm ist nach meinem Arbeitstag regelmäßig nicht mehr zu ertragen und mein soziales Leben außerhalb der Arbeit ist empfindlich gestört.

Kein Platz und keine Zeit für Kinder

Aber auch den Bedürfnissen der Kinder nach Individualität und Bewegung können wir unter solchen Bedingungen nicht gerecht werden. Die nötige Bewegung scheitert bereits an den räumlichen Gegebenheiten. Je Kind sind in Kindertagesstätten zwei Quadratmeter vorgesehen. Das ist eindeutig zu wenig. In Elterninitiativen sind Bewegungsräume wie Turnhallen oder Gärten noch dazu spärlich und, wenn vorhanden, reglementiert.

In meiner Einrichtung dürfen die Kinder beispielsweise einmal täglich eine Stunde in den Garten. Andere Räume für Bewegung müssen zu bestimmten Zeiten extern aufgesucht werden, wodurch Spielzeit eingeschränkt wird und bedürfnisorientiertes Arbeiten unmöglich ist. Die neu eingeführten Buchungszeiten (Bayerisches Kinderbildungsgesetz, BayKiBiG) mit einer Kernzeit von drei Stunden erschweren unsere Arbeit dabei zusätzlich, denn wie soll ich in so kurzer Zeit pünktlich aus der Turnhalle wieder zurück sein.

(*Name von der Redaktion geändert)