Ausgabe 04/2008
Bleibt am Boden
Uwe Woetzel ist ver.di-Gewerkschaftssekretär im Bereich Politik und Planung
Wer das Klima schützen will, der muss auch den wachsenden Treibhausgasausstoß im Verkehr deutlich reduzieren. Aber deshalb die Pendlerpauschale streichen? Kosten für die Fahrt zur Arbeit zählen zu den notwendigen Betriebskosten jedes abhängig Beschäftigten. Notwendig, weil Arbeitsplätze im heimatlichen Umfeld oft rar sind, etwa in den östlichen Bundesländern und den strukturarmen Regionen im Westen.
Fünf Millionen pendeln über größere Entfernungen. Mit der Entfernungspauschale können Arbeitnehmer/innen die Fahrt zur Arbeit steuerlich absetzen. Umweltorganisationen kritisieren dies, weil die Pauschale das Auseinanderfallen von Wohn- und Arbeitsstätte fördere. Es lohne sich viel eher, in der Stadt zu arbeiten, aber viele wollten trotzdem im Grünen wohnen, wo in der Regel das Wohnen günstiger ist. Doch wäre der Wegfall der Pendlerpauschale tatsächlich ökologisch und sozial?
Soziale Lösungen sehen anders aus. Eine Abschaffung oder Kürzung verstößt bei Menschen mit Niedrig- und Durchschnittseinkommen gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Und sollte etwa jemand, dessen Lebenspartner an einem anderen Ort arbeitet, und deshalb die Fahrtkosten zur Arbeitsstätte nicht vermeiden kann, nun das Arbeitsverhältnis oder die Partnerschaft beenden? Weder noch. Da sind Fahrgemeinschaften, ein besserer öffentlicher Nahverkehr und Geschwindigkeitsbeschränkungen sinnvoller und gerechter.
Ökologisch sinnvoll und sozial ausgewogen sind zudem eine Besteuerung des Flugverkehrs, ein Verbot der Schwerölverbrennung im Schiffsverkehr, eine Begrenzung der Emissionen bei neuen Kraftfahrzeugen, eine Verlagerung des Güterfernverkehrs auf die Schiene, usw.. Da ist was zu tun und zu erreichen, bevor den Beschäftigten in die Taschen gegriffen wird.