Wer als freier Journalist nicht untergehen will, braucht unternehmerische Fähigkeiten

Sich als "Freier" zu etablieren, ist hartes Brot - die Konkurrenz schläft nicht

Bis 1999 war Peter Ziemons in der wirtschaftspolitischen Abteilung der amerikanischen Botschaft in Bonn beschäftigt. Als diese nach Berlin umzog, entschied sich der damals 48-Jährige, in Andernach zu bleiben und einen Neuanfang zu wagen. Um als freier Journalist Fuß zu fassen, suchte er zunächst Kontakte zu ihm bekannten Verbänden. Die IG Medien ermöglichte ihm die Teilnahme an Schulungen, in denen er Tipps für seinen neuen Berufsstart erhielt. "Hätte ich das nicht gehabt, hätte ich vielleicht schnell aufgegeben", so Peter Ziemons.

Als "Freier" braucht man zusätzlich zur fachlichen Qualifikation unternehmerische Fähigkeiten, damit man nicht untergeht. Zum Einstieg in die Selbstständigkeit stellte er zunächst fest, dass sich - unabhängig vom Einkommen - als erstes die Bankgebühren und Versicherungsbeiträge erhöhen. Dazu kamen die fehlende Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und die Notwendigkeit, den Ruhestand privat abzusichern. "Sich als freier Journalist zu etablieren, ist hartes Brot," sagt Peter Ziemons. Er hat es besonders als Quereinsteiger schwer gehabt. Die zahlreichen, von Verlagen entlassenen Redakteur/innen sind harte Konkurrenz. Sie verfügen über weit reichende Kontakte, die er selbst sich erst einmal aufbauen musste.

"Netzwerke sind ausgesprochen wichtig für meine Arbeit", sagt Peter Ziemons. Die Deutsche Journalisten Union (dju) in ver.di ist dabei eine große Unterstützung. Der Austausch erfolgt nicht nur auf fachlicher Ebene, sondern bietet auch wertvolle Hinweise und Hilfe, wenn es Probleme gibt. Die Leistungen, die ein Mitglied erhält, sind ohne Konkurrenz, schon allein im Zusammenhang mit der juristischen Vertretung im Urheberrecht. Er selbst ist derzeit engagiert dabei, ein Projekt zur Mitgliederwerbung umzusetzen. Wegen der spezifischen Interessen seiner Zunft ist die begriffliche Eingrenzung der Zielgruppe wichtig. Der Identifikationsgrad von Journalist/innen mit der dju ist deutlich höher als mit ver.di insgesamt.

Eigene Themen schöpfen

Peter Ziemons sucht sich seine Themen, über die er schreibt, meist selbst aus. "Auftragsarbeiten sind Ausnahmen", sagt er. Er bietet seine Arbeiten potentiellen Kunden an, im Bereich Reisejournalismus wendet er sich beispielsweise an Reiseveranstalter.

"Um erfolgreich zu sein, braucht es Ideen, die kein anderer schon hatte", so Peter Ziemons. Zum Beispiel war lange vor dem Wirtschaftsgipfel bekannt, dass dieser in Heiligendamm stattfinden würde. Ein Jahr vorher entschloss er sich, dorthin zu fahren und einen Bericht fürs amerikanische Publikum zu verfassen. Definitiv als Kunden verloren hat er ein Verlagshaus, nachdem er über dessen Umstrukturierung und die daraus resultierenden negativen Folgen für Beschäftigte geschrieben hatte. Peter Ziemons sieht es gelassen. Kürzlich hat er konsequenterweise das Abo dieser Tageszeitung gekündigt.

Das in seiner bisherigen Berufslaufbahn gesammelte Wissen sowie seine Sprachkenntnisse kommen ihm bei seiner journalistischen Arbeit zugute. Darüber hinaus hält er Vorträge und bietet Unterstützung in der interkulturellen Zusammenarbeit an. Gerne wird er in diesem Bereich - unter anderem von der Bundesregierung, einzelnen Politikern oder mittelständischen Unternehmen - angefragt.

Wer in den USA Geschäfte machen möchte, muss beachten, dass Lobbyismus zum guten Ton gehört. Peter Ziemons weiß, wer einbezogen werden muss, wenn erfolgreich zusammen gearbeitet werden soll. Für einen deutschen Bundestagsabgeordneten ist es beispielsweise schwer zu akzeptieren, dass er für einen amerikanischen Senator einen eher niedrigen Status genießt. Dies musste ein Politiker schmerzlich erfahren, als er, pünktlich zum Termin, von einem unrasierten Senator im Bademantel wieder weggeschickt wurde.

Für rund 60 Prozent seiner Arbeiten findet Peter Ziemons keine Abnehmer. Oft werden die Ablehnungen damit begründet, dass die Informationen über das Internet günstiger zu erhalten seien. Auf keinen Fall jedoch will er sich unter Wert verkaufen. Für jeden Bericht muss mindestens das herauskommen, was er selbst investiert hat. Finanziell von Vorteil ist, dass Peter Ziemons seinen Arbeitsplatz im eigenen Haus eingerichtet hat. Gemeinsam mit seiner Frau, die als Lehrerin arbeitet, teilt er sich einen Büroraum, der auch steuerlich abgesetzt werden kann. Müsste er sich außerhalb einmieten, würden mehrere Hundert Euro zusätzliche Kosten entstehen.

Zwischen frei und fest

Aber auch wenn Peter Ziemons heute deutlich weniger verdient als früher, kommt er gut über die Runden und weiß die neue Lebensqualität zu schätzen. Er genießt die Freiheiten, die ihm ein festes Arbeitsverhältnis nicht bieten kann. Er ist frei von Vorgaben, die ihm ein fester Arbeitgeber macht. Dafür ist er aber auch frei von festem Einkommen und sozialer Absicherung, die er als abhängig Beschäftigter genießen würde.