Mit der Initiative "Unser Land braucht seine Zeitungen. Qualität und Vielfalt sichern" macht sich ver.di gemeinsam mit Partnern für die Pressevielfalt in Mecklenburg-Vorpommern stark

Info-Veranstaltung auf dem Neuen Markt in Rostock

Von HERBERT STEINFORt

Rostock | Das Motto nahm Bezug auf einen Werbeslogan der Ostsee-Zeitung: "Weil wir hier zu Hause bleiben wollen" demonstrierten Beschäftigte und Bürger vor dem Rostocker Verlagshaus der größten Tageszeitung Mecklenburg-Vorpommerns. Sie fordern, die Eigenständigkeit des Blattes zu erhalten. Die sehen sie durch die geplante Kooperation mit den Lübecker Nachrichten bedroht, bei der in einem ersten Schritt eine Gemeinschaftsredaktion für die überregionale Berichterstattung in Lübeck entstehen soll, 2010 könnte sie in eine Fusion beider Verlage münden.

"Das ist absurd: Ausgerechnet die wirtschaftlich stärkste Region unseres Landes soll künftig nur noch über eine Rest-Redaktion verfügen", sagtPeter Geitmann, ver.di-Bezirksvorsitzender. Mit den Beschäftigten teilt er die Sorge vor einem Verlust an journalistischer Kompetenz und Nähe zum Leser. Begleitet von verschiedenen Aktionen haben Tarifverhandlungen begonnen.

Zu Warnstreiks hat bereits die Auseinandersetzung um die Zukunft des in Neubrandenburg erscheinenden Nordkuriers geführt. Dort setzt die Leitung auf Tarifflucht und die Zerschlagung des Verlages in kleine Einheiten. Der neue Mann an der Spitze des Unternehmens, Lutz Schumacher, machte bereits Anfang 2007 bundesweit Schlagzeilen. Damals setzte er in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die gesamte Redaktion der Münsterschen Zeitung auf die Straße.

Die Schweriner Volkszeitung hat unter dem Spardiktat des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages, der das Blatt 2005 kaufte, bislang rund ein Drittel der Belegschaft verloren. Verschiedene Verlagsbereiche wurden nach Flensburg verlagert.

"Diese Entwicklungen bedrohen nicht nur Arbeitsplätze und -bedingungen der Mitarbeiter", bilanziert Ernst Heilmann vom ver.di-Landesbüro Mecklenburg-Vorpommern. "Dieser Abbau betrifft alle Bürger, denn er stellt die Funktion der Presse insgesamt in Frage." Angesichts der vom Mangel an Alternativen gekennzeichneten Presselandschaft im Nordosten (siehe Kasten) sei ein weiterer Verlust an Qualität und Vielfalt nicht zu verkraften. Deshalb rückt ver.di das Problem gemeinsam mit Partnern einer Initiative in die öffentliche Diskussion.

Mit einer landesweiten Plakataktion, mit Briefen an die Abgeordneten im Landesparlament, in Kreistagen und Stadtvertretungen, bei den Streikenden im Einzelhandel und vielen anderen, wirbt ver.di dafür, Mecklenburg-Vorpommern als Medienstandort zu sichern und die Arbeitsbedingungen in den Unternehmen durch Tarifverträge beziehungsweise Ergänzungen zu diesen zu gestalten. Nach einem gut besuchten Außerordentlichen Presse-Tag in Schwerin starteten die Partner eine Unterschriftenaktion. "Die hohe Resonanz zeigt, dass den Menschen bewusst ist: Es geht um ihre Heimatzeitungen."

Ein Ziel der Kampagne ist es, die seit langem geforderte Reform des Pressegesetzes von Mecklenburg-Vorpommern auf den Weg zu bringen. Mit der Gesetzesnovelle sollen demokratische Mitspracherechte in den Redaktionen gestärkt und die Besitz- verhältnisse der Verlage transparenter gemacht werden.

www.qualitaet-und-vielfalt-sichern.de

Überschaubare Presselandschaft

Nur in wenigen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns, so im Raum Rostock, können die Bürger zwischen verschiedenen Zeitungen wählen. Insgesamt gibt es drei im Land. Die Ostsee-Zeitung (Auflage: 177000) gehört dem Springer-Verlag und den Lübecker Nachrichten. Die Schweriner Volkszeitung (Auflage: 116000) befindet sich im Besitz des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages aus Flensburg. Der Nordkurier (Auflage: 104000) hat drei Gesellschafter: Kieler Nachrichten, Augsburger Allgemeine und Schwäbische Zeitung.