Ausgabe 05/2008
Anteile machen nicht satt
PETRA WELZEL ist Redakteurin der ver.di PUBLIK
Arbeiten, teilhaben, sich ein bisschen wie einer von vielen Chefs fühlen - klingt gut. Das alles könnte hinter dem Vorschlag der Großen Koalition zur Beteiligung von Beschäftigten an ihren Betrieben stecken. Künftig sollen Mitarbeiter Kapitalanteile ihres Unternehmens mit einem Steuerfreibetrag von 360 Euro im Jahr erwerben können. So möchte die Regierung den Beschäftigten etwas von den Gewinnen der Unternehmen zukommen lassen. Die sind nämlich zwischen 2003 und 2007 um 37,6, die Löhne dagegen nur um 4,3 Prozent gestiegen.
Die Idee der Mitarbeiterbeteiligung ist ungefähr so alt wie die industrielle Revolution. In der Geschichte der Bundesrepublik gab es allein von 1951 bis 1969 neun Initiativen zu so genannten Investivlöhnen. Sie kamen aus den Reihen der CDU, der SPD und auch der Gewerkschaften. Trotzdem schütteten im Jahr 2005 nur neun Prozent aller deutschen Betriebe Gewinnanteile an ihre Belegschaft aus, und nur zwei Prozent gaben Kapitalanteile aus. Und auch das jetzt vorgelegte Modell wird die Ausschüttung nicht wirklich explodieren lassen: Ihm liegen zwei entscheidende Konstruktionsfehler zugrunde.
Im Falle der Unternehmenspleite ist ein Beschäftigter seinen Job und sein Geld los. Da nützt ihm auch der von der SPD favorisierte Branchenfonds wenig, der das Geld retten soll. Auch ganze Branchen können absaufen. Entscheidender ist aber, dass es ledige Beschäftigte mit einem Brutto bis zu 1666 Euro und Verheiratete mit bis zu 3333 Euro sind, die zunächst für fünf, sechs Jahre Geld steuerfrei anlegen können. Selbst wenn dies ein zusätzlicher Lohnbestandteil ist, brauchen Menschen mit diesen Einkommen ihn nicht in ein paar Jahren, sondern jetzt, weil ihr Geld heute oft nicht mehr zum Leben reicht. Die Einkommen müssen deshalb steigen, gern auch durch Gewinnbeteiligungen. In Frankreich sind Betriebe mit über 50 Beschäftigten im Übrigen seit 1993 dazu gesetzlich verpflichtet.