10000 Hamburger/innen für eine solidarische Stadt und gegen Neonazis

Stefan Gwildis beim Mai-Konzert

Der ver.di-Arbeitskreis Antirassismus trifft sich jeden ersten Dienstag in den ungeraden Monaten. Interessent/innen bitte melden bei: Agnes.Schreieder@verdi.de; Telefon 040/28581350

Weit über 10000 Hamburger/innen protestierten am 1. Mai gegen den Aufmarsch der Neonazis. Auf St. Pauli, in Barmbek, Bergedorf und Harburg, kreativ, bunt und fröhlich. Allein die Autonomen fielen auf die Provokation der Neonazis herein und suchten wie sie die gewaltsame Auseinandersetzung. Mehr als 3000 Menschen kamen zur Maikundgebung auf dem Spielbudenplatz, hörten die Ansprachen von Ulrich Thöne (Bundesvorsitzender der GEW) und Erhard Pumm (Vorsitzender des DGB Hamburg), begingen mit Bischöfin Maria Jepsen und Erzbischof Dr. Werner Thissen gemeinsam den Gottesdienst zu Himmelfahrt, tanzten und sangen mit Stefan Gwildis gegen Rechts. ver.di PUBLIK sprach mit dem Musiker.

ver.di PUBLIK | Warum trittst du mit deiner Band auf der Maikundgebung des DGB auf?

STEFAN GWILDIS | Ich bin Barmbeker. Ich muss meine musikalische Stimme gegen den Aufmarsch der Neonazis erheben. Wer sonst? Wir sind alle gefordert und müssen gemeinsam gegenhalten, jeder mit seinen Möglichkeiten. Noch gefährlicher als die Glatzen mit ihren Springerstiefeln finde ich ihre intellektuellen Hintermänner mit der Idee, sich die sozialen Inhalte des 1. Mai unter den Nagel zu reißen. Gerade junge Menschen könnten angesichts der sozialen Spaltung in unserer Gesellschaft darauf reinfallen. Hier müssen wir mehr Aufklärungsarbeit gegen die Verführung durch die Rechten leisten und mehr gegen die wachsende Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft tun. Wir Künstler müssen für Respekt, Toleranz und Akzeptanz werben; für mich sind das klassische Themen meiner Musik, des Soul.

ver.di PUBLIK | Was tust du konkret?

GWILDIS | Künstler sind Vorbilder, gerade für junge Leute. Musik bringt Spaß, und die Soulmusik ist das ideale Transportmedium für demokratische Werte. Ich engagiere mich beim Weißen Ring und unterstütze vor allem Aktivitäten zur Gewaltprävention. Ein Beispiel: Ich arbeite an der Gesamtschule Horn in einem Projekt mit, in dem ich mit den Kids Musik mache. Unser wichtigstes Instrument sind Trommeln, die Cajons. Sie helfen, Aggressionen abzubauen. Die Kids finden dieses Instrument so toll, dass sie in der Schule mit einer eigenen Produktion von Trommeln begonnen haben und sie erfolgreich verkaufen. Ein großartiges Erlebnis für sie. Ebenso bedeutsam ist das Gemeinschaftsgefühl beim gemeinsamen Musikmachen. Daneben halte ich Sport für wichtig, wenn Gewalt verhindert werden soll. Daher unterstütze ich in einem Netzwerk mit anderen Künstlern und Sportlern ein Fußball- und ein Boxprojekt für Jugendliche in benachteiligten Stadtteilen. Sie finden hier Erfolgserlebnisse, Selbstbestätigung und Gemeinschaft, für mich erprobte Elemente der Gewaltprävention. Wichtig ist für mich auch richtige und gesunde Ernährung. Ich bin erschüttert, wenn ich diese übergewichtigen und zappeligen Kinder erlebe, die von ihren Eltern mit Fast Food oder Fertiggerichten abgespeist werden und gegen ihre Verhaltensauffälligkeiten Ritalin ‚einwerfen' müssen. Ich kann nicht verstehen, dass gesundes Kochen und Essen nicht selbstverständlich in den Stundenplänen aller Schulen enthalten sind. Hier wartet eine gewaltige aufklärerische Aufgabe.

ver.di PUBLIK | Was planst Du für dieses Jahr musikalisch?

GWILDIS | Ich arbeite mit meiner Band an einem neuen Album, das im Spätherbst erscheinen soll. Vorher geben wir am 22. August ein Konzert im Stadtpark, auf das ich mich sehr freue.

INTERVIEW: J.-D. BISCHKE-PERGANDE