Ausgabe 05/2008
Die Privaten sind schon in den Startlöchern
Das kommunale Krankenhaus Bremen-Mitte wird umgebaut. Doch weil der Neubau sich verzögert, droht Insolvenz
Wenn in der Klinik Bremen-Mitte eine Röntgenaufnahme gebraucht wird, fährt ein Krankenwagen vor: Die entsprechende Abteilung liegt ein paar hundert Meter entfernt. Und weil es an sechs Stellen auf dem weitläufigen Gelände Operationssäle gibt, die an jeweils 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr besetzt sein müssen, ist der Personalbedarf weitaus höher als in einem kompakten Gebäude, wo die OP-Mannschaften flexibler eingesetzt werden können. Deshalb ist seit langem klar: Nur mit einem Neubau kann das kommunale Krankenhaus Bremen-Mitte wirtschaftlich betrieben werden.
Der kostet etwa 200 Millionen Euro - so die Prognosen. Die Zeit drängt. Geht es weiter wie bisher, sind die finanziellen Rücklagen spätestens im Jahr 2012 aufgezehrt - und Bremen-Mitte ist pleite. Ohne Trendwende "wird die Frage der Privatisierung auf die Tagesordnung kommen müssen", bestätigt der kaufmännische Geschäftsführer Jürgen Finsterbusch in einem Interview mit der Betriebsratszeitung Mittendrin und fügt hinzu: "Das Interesse privater Betreiber an unserem Klinikverbund ist hoch."
Vorzeitiger Personalumbau
Das Land Bremen hat schon vor Jahren klargestellt: Die Kosten für den Neubau muss das Klinikum irgendwie selbst erwirtschaften. Tatsächlich sind jährliche Einsparungen in Höhe von 30 Millionen Euro zu erwarten, wenn alles unter einem Dach stattfindet: Mit weniger Personal kann man dann die gleichen Leistungen erbringen wie bisher. Weil es wirtschaftlich keine Alternative gibt und betriebsbedingte Kündigungen außerdem ausgeschlossen wurden, zog der Betriebsrat mit.
Doch aufgrund politischer Verzögerungen kann das Gebäude nun frühestens im Jahr 2013 fertiggestellt sein. Zur Abwendung der Insolvenz müsse ein erheblicher Teil des Personalabbaus bereits jetzt stattfinden, so die Geschäftsführung. Befristete Stellen sollen nicht verlängert, freiwerdende Arbeitsplätze nicht neu besetzt werden. "Wie das gehen kann, sagt die Geschäftsführung nicht", kritisiert der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Thomas Uhlig. Das Durchschnittsalter der Pflegekräfte würde auf knapp 55 hochschnellen, die Arbeitsverdichtung enorm zunehmen - und das alles, ohne dass es die Entlastung durch die kürzeren Wege im neuen Gebäude schon gibt.
Zwar hat der rot-grüne Senat versichert, er wolle die vier Bremer Kliniken in öffentlicher Hand behalten. Doch zahlen will er - genau wie die vorherigen Regierungen - dafür nicht.
Annette Jensen