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Maske tragen die Orpea-Beschäftigten, mundtot machen lassen sie sich nichtFoto: ver.di

Bremen – Vollmundig verspricht ein Pflegeheim-Betreiber der Residenz-Gruppe in Weyhe (Bremen) seinen Bewohnern und Bewohnerinnen, ein großes Herz zu haben. Jetzt aber will die Residenz-Gruppe, eine 100-prozentige Tochter des französischen Konzerns Orpea, mehrere Betriebsräte kaltstellen. Ganz so, wie man es vom Mutterkonzern gewohnt ist, der 2018 Negativschlagzeilen mit Kündigungsversuchen und Aussperrungen in der Celenius-Klinik im thüringischen Bad Langensalza gemacht hat. Offenbar soll sich das im Norden Deutschlands nun wiederholen.

Die Residenz-Gruppe will das Betriebsratsgremium vom Senioren Wohnpark Weser Nord auflösen und zudem seiner Gesamtbetriebsrats- und Betriebsratsvorsitzenden sowie drei weiteren Mitgliedern kündigen. Und auch gegen zwei Mitglieder im Gremium Süd bestehen Kündigungsbegehren.

Hintergrund für die Angriffe ist laut ver.di, dass der Betriebsrat eine Gesundheitsprämie abgelehnt hat, die kranke Beschäftigte bestraft. ver.di hat Solidaritäts- und Beschwerdebriefe vorbereitet, um die Betriebsräte zu unterstützen. Knapp hundert Solidaritäts-Adressen kamen schon an, eine sogar aus Rom vom Europäischen Betriebsrat von Orpea.

Vor Gericht gescheitert

Die Arbeitgeberin betreibt ihre Kündigungsbegehren im Nachgang eines gescheiterten Gerichtsverfahrens. Auslöser war die Einführung der Software Citrix, die personenbezogene Daten speichern kann. Der Betriebsrat wollte mit der Arbeitgeberin über eine Betriebsvereinbarung verhandeln. Die Arbeitgeberin war der Ansicht, eine bestehende andere Betriebsvereinbarung decke Citrix mit ab, und führte die neue Software ein, ohne zu verhandeln. Daraufhin hat der Betriebsrat die Verhandlungen für gescheitert erklärt und entschieden, das in einer Einigungsstelle klären zu wollen. Das Landesarbeitsgericht Bremen hat am 16. Dezember, wie zuvor schon das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven am 19. Oktober, die Beschwerden der Arbeitgeberin abgelehnt und entschieden, dass die Einigungsstelle einzusetzen sei.

Die Arbeitgeberin versucht nun mit ihrer erneuten Klage, die Beschlüsse des Betriebsrats zur Anrufung dieser Einigungsstelle anzufechten: Die Sitzungen seien nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, wie es Geschäftsführer Sebastian Hollatz auch schon in einem Rundschreiben an die Beschäftigten behauptet hatte. Hollatz führt an: Ein sich im Urlaub befindendes fehlendes Gremiumsmitglied sei nicht nachbesetzt worden.

Der Betriebsrat sagt, er habe nichts vom Urlaub des Mitglieds gewusst, weshalb auch nicht nachgemeldet werden konnte. Den Beweis für seine Behauptung, dass der Betriebsrat von dem Urlaub habe wissen können, bleibt die Arbeitgeberin allerdings schuldig. Und vor allem: An den Betriebsratsbeschlüssen hätte die Nachladung eines anderen Mitglieds nichts geändert.

Die Arbeitgeberin hat vermutlich deshalb wiederum ihre Taktik geändert und will nun gleich den gesamten Betriebsrat loswerden. Die erfolgten Kündigungsbegehren, die ebenfalls mitbestimmungspflichtig sind, hat der Betriebsrat abgelehnt.

Hartes Vorgehen aus Prinzip

Aus ver.di-Sicht steckt Orpea hinter dem rigiden Verhalten. Der Konzern sei dafür bekannt, vor allem dann hart gegen seine Mitarbeiter*innen und Betriebsratsmitglieder vorzugehen, wenn sie ihr Recht auf Mitbestimmung durchsetzen. "Das ist das Prinzip des Konzerns und das hat er auch schon in anderen Prozessen deutlich gemacht", sagt Kerstin Bringmann von ver.di Bremen-Niedersachsen.

Am 10. März fand der Gütetermin zu den Kündigungsbegehren gegen den Betriebsrat Nord vor dem Bremer Arbeitsgericht statt, am 11. März der Termin wegen der Kündigungsbegehren gegen die zwei Mitglieder im Gremium Süd. ver.di lud jeweils zur Mahnwache ein. Der Protest hat etwas bewirkt: In Bremen hat der Arbeitgeber das Hausverbot wieder zurückgezogen. Anders im Fall Süd. Hier bot die Arbeitgeberin beim Gütetermin an, die Kündigungen aufzuheben, wenn sich die Betriebsräte zu den Vorwürfen bekennen, eine Betriebsratssitzung fingiert und den Arbeitgeber betrogen zu haben. Mit diesem Ansinnen ist der Arbeitgeber aber gescheitert. "Der Prozess zeigt klar, dass Orpea Betriebsratsarbeit und gewerkschaftliche Organisierung zerschlagen will. Wir sind entschlossen, das zu verhindern", so Oliver Barth von ver.di. "Sämtliche Vorwürfe der Arbeitgeberseite sind hanebüchen, hier sollen Betriebsräte mundtot gemacht und ausgehebelt werden, die das machen, wozu sie gewählt wurden, nämlich die Interessen der Beschäftigten zu vertreten", sagt ver.di-Kollegin Bringmann. Die Arbeitgeberseite wolle keine gütliche Einigung.

Alles nichts Neues im Orpea-Konzern. Immerhin ein Konzern, der für seine Leistungen öffentliche Gelder und Sozialversicherungsbeiträge kassiert. Die Betriebsräte wollen jetzt Strafanzeige wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit erstatten.