Ausgabe 05/2008
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Im Ring mit Madonna
Madonna: Hard Candy | Nun setzt er wieder ein, der Chor der Laudatoren. Und wird Madonna anlässlich von Hard Candy bescheinigen, sich neu erfunden zu haben. Für die aktuelle Reinkarnation wurden mit den Produzenten Timbaland, Pharrell Williams und Kanye West die amtierenden Branchenführer engagiert. Dazu der zum Künstler gewandelte Ex-Teeniestar Timberlake, auch einer, der sich neu erfunden hat. In Zusammenarbeit mit ihnen sucht Madonna die Nähe zu Rap und R'n'B, dem also momentan gerade erfolgreichsten Chartfutter.
Man könnte auch sagen, die erfolgreichste Sängerin aller Zeiten bleibt sich treu. Denn auch mit nun 50 Jahren haben wir es doch noch mit ein und derselben Madonna zu tun. Ihr Erfolgsgeheimnis besteht darin, ein gewinnbringendes Schema immer wieder leicht variiert aufzulegen. Denn der clevere Unterhalter weiß: Radikale Umgestaltung interessiert nur die Kritik, das große Publikum aber ist zu träge, um wirkliche Veränderung mitzutragen.
Allerdings hat niemand so geschickt wie Madonna über Jahrzehnte dasselbe Muster mit viel Fantasie, beträchtlichem technischen Aufwand und großer Handwerkskunst immer wieder abgewandelt. Unter ihr, wie sie selbst zugibt, dünnes Stimmchen hat sich Madonna stets Mainstream-Radio-Pop auf elektronischer Basis mischen lassen, aber dafür gesorgt, dass damit die jeweils versiertesten Produzenten betraut wurden, die ihre Chefin dann in die Disco schickten, durch Synthesizer und Computer jagten. Die musikalische Entwicklung Madonnas war auch, oder vielleicht sogar vornehmlich, eine Adaption der bestehenden technischen Möglichkeiten.
Dies ist ihr auch mit Hard Candy wieder gelungen. Doch Madonna ist die Musik eh nur Vehikel. Ihre eigentliche Kunst besteht darin, wie keine andere Künstlerin die jeweils aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen in Popkultur zu übersetzen. Der momentane Stand des Feminismus, der Zustand der Geschlechterrollen lässt sich an den jeweiligen Erscheinungsformen der von Frau Ciccone geschaffenen Kunstfigur Madonna ablesen. Zuletzt reflektierte Confessions On A Dance Floor (2005), wie man auch als Mutter noch fit und sexy bleiben kann. Mit Hard Candy erreicht sie den Zustand des Zweifels: Mal will die Frau in den besten Jahren tanzen, mal erinnert sie sich melancholisch an verflossene Jugend, mal plagt sie dann doch wieder die Eifersucht. Bösartig könnte man sagen: Madonna vertont mal wieder das aktuelle Dossier einer Frauenzeitschrift.
THOMAS WINKLER
POP, CD, WARNER
Donna Summer: Crayons | Und nun zu Donna! 17 Jahre sind eine lange Zeit, vor allem im Popgeschäft. 17 Jahre ist es her, dass Donna Summer zuletzt ein Album mit neuem Material veröffentlichte. Jetzt wagt die ehemalige Italo-Disco-Königin ein Comeback. Crayons ist einerseits ein reifes Alterswerk, gespickt mit Reminiszenzen an ihre erfolgreichste Zeit und trotzigen Selbstbehauptungssongs wie The Queen Is Back. Andererseits gelingt es der 59-Jährigen zusammen mit ihren Produzenten, den alten Ansatz behutsam zu modernisieren: Knallige Beats, die auch auf einem Tanzboden von heute bestehen können, aktuelle Sound-Gimmicks und vorsichtige Ausflüge ins Lateinamerikanische werden so geschickt verschmolzen, dass ähnliche Versuche von Konkurrentinnen wie Cher geradezu peinsam wirken im Vergleich. In letzter Konsequenz beweist Crayons vor allem, dass sich seit Summers großen Tagen im Dancefloor-Geschäft nicht viel getan hat: Nicht nur hat Techno der Faszination klassischer Disco-Rhythmen wenig anhaben können. Summer bleibt als selbstbewusste Vokalistin, die nicht nur für andere trällert, sondern sich die meisten ihrer Songs selbst schreibt, bis heute eine Ausnahme im Genre. Die Königin ist zurück und sitzt wieder fest auf dem Thron - auch wenn sie die enge Konkurrenz im Blick behalten muss.
TW
DISCO, CD, BURGUNDY/ SONYBMG