Mit klaren Bündnissen dagegenhalten

Kein Ort für Nazis: Demonstration in Dresden

VON BIRGIT TRAGSDORF

Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhass, das bedeutet nicht automatisch jung und ostdeutsch. Die Rechten sind inzwischen in der Mitte unserer Gesellschaft zu finden - in allen Altersgruppen und Berufen. In Ost wie West, unter Wähler/innen der CDU, der SPD, der Grünen und auch in den Gewerkschaften. Studien ergaben: 8,6 Prozent der Bevölkerung leisten sich ein starr rechtes Weltbild, doch bei rechten und rassistischen Vorurteilen sind es nahezu 40 Prozent. Was den Osten vom Westen unterscheidet, ist die hohe Gewaltbereitschaft im Alltag und dass es als normal gilt, Fremdes abzulehnen. In unserem Landesbezirk finden im nächsten Jahr Landtagswahlen statt. Was setzen wir als Gewerkschafter/innen und Demokraten dagegen, wenn die Rechten bei uns die Parlamente erobern? Was passiert in unseren eigenen Reihen?

NPD drängt in die Mitte

Sachsen hat einen starken NPD-Landesverband und ein dichtes Netz von freien Kameradschaften, vor allem im ländlichen Raum. Die NPD sitzt im Landtag und in fast allen Kreistagen. Sie gibt sich bürgernah, veranstaltet Kinderfeste und zeigt Präsenz in den Sportvereinen. Sie drängt in die Gesellschaft. Schwerpunkte der Naziszene sind nicht mehr nur in der Sächsischen Schweiz und Ostsachsen zu finden, sie bewegen sich nach Mittel- und Westsachsen wie Mittweida. In kleineren Städten sorgen die rechten "Kameradschaften" für ein Klima der Angst. Ihre Attacken richten sich gegen in ihren Augen äußere und innere Fremde: gegen Migrant/innen und gegen alternative Jugendliche, Punks, Andersdenkende, Arbeits- und Obdachlose.

Andere Rechte hingegen höhlen das System von innen aus. Mit eigenen Verlagen, Labels, Versandhandel und Immobilien haben sich die rechtsextremen Akteure eigene Strukturen und eine finanzielle Basis geschaffen.

Auch in Sachsen-Anhalt sind die Rechten dabei, die Straße für sich zu erobern. Zwar sind sie noch schwach organisiert, aber mit Hilfe der freien "Kameradschaften" steigt auch hier die Zahl der Gewalttaten gegen Migrant/innen und linke Jugendliche. Neben den größten Städten Halle und Magdeburg sind hier der Burgenlandkreis und das Mansfelder Land regionale Schwerpunkte.

In Thüringen lässt sich der Einfluss der Rechtsextremen auf die Gesellschaft genau benennen: Der Thüringen-Monitor der Jenaer Universität hat bei regelmäßigen repräsentativen Umfragen bei rund 20 Prozent der Bevölkerung Fremdenfeindlichkeit und rechtsextremes Gedankengut vorgefunden, vor allem in den Gegenden um Eisenach, Gotha, Jena und Gera mit seiner ausgeprägten rechten Rock-Szene. In Thüringen ist die NPD bisher im Landtag nicht vertreten, aber das will sie jetzt ändern. Ein Zuwachs bei den Kreisverbänden ist bereits zu beobachten.

Gewerkschaften bleiben nicht verschont

Wie in allen Bereichen der Gesellschaft gibt es auch unter Gewerkschafter/innen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, auch wenn es unter dem Gesichtspunkt Solidarität paradox klingt: Das zeigt sich bei Themen wie Verlagerung von Arbeitsplätzen, bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit, aber auch im Alltagsrassismus. Es ist unentschuldbar, wenn die Zivilgesellschaft im Alltag versagt, wegsieht, wenn die Würde eines Menschen, ob Migrant oder Linker, verletzt wird.

Die Beschlusslagen dazu in den ver.di-Gremien seien eindeutig, erklärt Landesbezirksleiter Thomas Voß, "aber es fehlen die aktiven Mitglieder, die sich für wirkungsvolle Aktionen mobilisieren lassen". Im Frühjahr plant Thomas Voß eine Konferenz gegen Rechts, um mit Kollegen und Kolleginnen klare Positionen zu erarbeiten und eventuelle Wahlerfolge der NPD zu verhindern.

"Es gilt, einen gesellschaftlichen Konsens zu finden, um in den Schulen, Betrieben und Verwaltungen Demokratie und Empathie zu lernen und Fremdheit zu begrüßen", sagt Thomas Voß. Und: "Um dies zu erreichen, ist es notwendig, dass Gewerkschafter/innen Bündnisse suchen und schließen, auch mit Arbeitgebern, Parteien, Organisationen und Bürgerinitiativen."

Zum Weiterlesen: Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Uni Leipzig: Ein Blick in die Mitte, Leipzig 2008