Ausgabe 12/2008
Vom Rollenspiel zum Tarifvertrag
Vom Rollenspiel zum Tarifvertrag
Neue Betriebsgewerkschaften und erste Tarifverträge
Drei neue Betriebsgewerkschaften mit 4800 Mitgliedern und drei Tarifverträge, das ist die Bilanz eines Projekts mit dem rumänischen Handelsgewerkschaftsbund FSC, das ver.di unterstützt hat. Zwei Jahre lang trafen sich die rumänischen Gewerkschafter/innen regelmäßig mit deutschen Betriebsrät/in?nen und hauptamtlichen Gewerkschafter/innen zu zweitägigen Seminaren, ein Erfahrungsaustausch in beide Richtungen. Die rumänischen Gewerkschafter/innen sind meist erst kurz vor dem Start des Projekts zur Gewerkschaft gekommen. "Ich habe vorher nichts über Gewerkschaftsarbeit gewusst", sagt Carmen Popa, die bei Real in Brasov arbeitet. Jetzt ist sie Generalsekretärin der Betriebsgewerkschaft Realitatea. Sie lobt die Rollenspiele, in denen die Teilnehmer/innen Tarifverhandlungen und Werbung übten.
"Wir brauchen Gewerkschaften, denn jeder möchte mehr bekommen bei der Verteilung von Gewinnen", sagt Gavril Gui, Vorsitzender der Betriebsgewerkschaft Solidaritatea, die die Beschäftigten der Metro Cash & Carry-Großmärkte organisiert. An Beschäftigte der zum Metro-Konzern gehörenden Unternehmen richteten sich die Seminare ursprünglich. Dann kamen Gewerkschafter/innen der zur Rewe-Gruppe gehörenden Selgros-Großhandelsmärkte beobachtend hinzu. Auch sie gründeten eine eigene Betriebsgewerkschaft und handelten einen Tarifvertrag aus. Betriebsgewerkschaften sind nach rumänischem Recht notwendig, um die Beschäftigten zu organisieren. Der FSC macht als Dachverband die politische Lobbyarbeit und stärkt die Netzwerke. "Mit diesem Projekt ist ein Netzwerk zwischen Arbeitnehmervertretern im selben Unternehmen entstanden. Das kann helfen, bei Standortverlagerungen, Rationalisierungen und Entlassungen schnell zu reagieren", sagt Mathias Flickschu vom ver.di-Bereich Europa und Internationales. "Wir wurden durch das Projekt gut auf die Arbeit vorbereitet", urteilt Vasile Gogescu, Vorsitzender des FSC. Gewerkschaften könnten zwar keine Arbeitsplätze garantieren, aber dafür sorgen, dass die Beschäftigten besser ausgebildet und so unersetzbarer werden. Bei einer Werbeaktion in Metro- und Real-Märkten in Bukarest während des letzten Seminars wurden in zwei Stunden 100 Mitglieder gewonnen. Carmen Popa will in der Gewerkschaft Realitatea mindestens die Hälfte der 6000 Real-Beschäftigten organisieren. HLA