Ausgabe 03/2009
Brutales Attentat
Brutales Attentat
Der Säureanschlag auf eine Gewerkschafterin ist noch nicht aufgeklärt
Am 23. Dezember passten bisher unbekannte Täter Konstantina Kouneva an ihrer Haustür ab. Die Täter übergossen ihr Gesicht mit Schwefelsäure und zwangen sie, die Säure zu schlucken. Die Gewerkschafterin liegt seitdem mit schweren inneren Verletzungen und auf einem Auge erblindet im Krankenhaus, mittlerweile außer Lebensgefahr. Konstantina Kouneva ist die Generalsekretärin der Gewerkschaft von bei Putzfirmen Beschäftigten der Provinz Attika (PEKOP).
"Uns ist mehrfach gedroht worden, aber wir haben nie geglaubt, dass jemand die Drohungen ernst meint", sagt die Gewerkschaftsvorsitzende Vlassia Papathanasi. Konstantina Kouneva ist für ihren aktiven Einsatz in der Branche bekannt. Sie hat bei der Reinigungsfirma OIKOMET gearbeitet und öffentlich gemacht, dass die in ganz Griechenland vertretene Firma ihre überwiegend weiblichen Angestellten gezwungen hat, eine Quittung über das gesamte ihnen zustehende Weihnachtsgeld zu unterschreiben, während nur ein Teil des Geldes ausgezahlt wurde. "Das kommt auch bei den Lohnzahlungen vor", erläutert Papathanasi. "Den Frauen stehen etwa nach den geleisteten Arbeitsstunden 800 Euro zu und sie bekommen nur 500."
Wer aufmuckt, riskiert, den Job zu verlieren, was sich die meisten nicht leisten können. Im Reinigungsgewerbe arbeiten vorwiegend Frauen, die meisten, wie Kouneva, sind Migrantinnen. "Allein von den 1300 Mitgliedern unserer Gewerkschaft sind 70 Prozent Migranten", sagt Papathanasi. "Viele haben Abitur oder Hochschulabschluss, sind aber trotzdem gezwungen, in der Fremde als Putzfrauen zu arbeiten." Die Reinigung war die erste Branche in Griechenland, in der Leiharbeit zur Regel wurde. Mit der Folge, dass auch die Verstöße gegen Arbeitsrecht und Tarifvertrag die Regel sind, weil die Firmen schwer zu kontrollieren sind. "Deswegen muss die Leiharbeit gesetzlich verboten und die Reinigung privater und öffentlicher Einrichtungen wieder von Angestellten dieser Einrichtungen übernommen werden", erklärt Papathanasi die wichtigste Forderung ihrer Gewerkschaft. Bisher hat die griechische Arbeitsministerin nicht einmal auf die Forderung nach einem Gespräch geantwortet.
Demos für Konstantina
Der Polizei wirft die Gewerkschaft vor, kein großes Interesse an der Aufklärung des Attentats zu haben. "Erst zwei Wochen nach der Tat hat sich die Polizei darum gekümmert", sagt Vlassia Papathanasi. "Obwohl wir vom ersten Moment an gesagt haben, dass der Anschlag gegen die gewerkschaftliche Arbeit von Konstantina Kouneva gerichtet war, hat die Polizei zuerst vorwiegend ihr privates Umfeld untersucht." Erst seit die Staatsanwaltschaft den ersten Untersuchungsbericht mit der Aufforderung nach Untersuchungen im Arbeitsumfeld zurückgab, ermittelt die Polizei auch in andere Richtungen. Unterstützung bekommt die Gewerkschafterin überall im Land. Unter dem Motto "Konstantina, du bist nicht allein!" demonstrierten Basisgewerkschaften, wurden Gelder gesammelt und ein Antrag ins Parlament eingebracht, Konstantina Kouneva den Status des Opfers eines terroristischen Anschlags und damit eine Frührente zu gewähren.Heike Schrader