Olli Schulz: Es brennt so schön | Jetzt geht's aber los. Sogar die Bild-Zeitung hat Olli Schulz entdeckt: Mach den Bibo, die aktuelle Single des Hamburgers, und die dazugehörige Choreographie werden nach dem fünften Platz bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest vom Massenblatt als neuer Ententanz apostrophiert. Doch Schulz, dereinst bekannt geworden durch zum Quatsch neigendes Liedgut, hat sich längst in andere Sphären weiterentwickelt. Der Bibo ist der einzige weitgehend sinnfreie Song auf seinem vierten Album, das ansonsten ein erstaunliches Spektrum offenbart. Denn dramatische Liebeslieder kann Schulz mittlerweile ebenso gut wie sozialkritische Milieustudien und politische Pamphlete. Im Angebot sind außerdem die mächtige Hymne, die das Überleben feiert, und die deprimierte Selbstbespiegelung. Abwechslungsreich auch die musikalische Umsetzung: Aus dem eher liedermacherartigen Schulz ist längst ein kompletter Rockmusikant geworden, der seiner Band von süßlichem Folk über verträumten Gitarrenpop bis zu schluffigem Indie-Rock allerhand abverlangt - auch natürlich den unwiderstehlich ins Bein gehenden Boogie von Mach den Bibo. Sehen wir den Tatsachen einfach gelassen ins Auge: Olli Schulz ist zum Deutschrocker geworden.

TO

ROCK, CD, Columbia/Sony/BMG


Renaud Garcia-Fons: La Línea del Sur | Garcia-Fons ist Franzose mit spanischen Wurzeln und ein Bassist mit einer unfassbar virtuosen Spieltechnik. Klassisch ausgebildet, verwendet er sein Instrument allerdings nicht nur auf herkömmliche Art. Er kann seinen Tieftöner stattdessen auch wie ein Cello und in den hohen Lagen sogar wie eine Violine "singen" lassen. Die perfekte Illusion! Das hat ihm schon vor Jahren den Beinamen "Paganini des Kontrabass" eingebracht. Aber der Franzose ist nicht nur der ausgebuffte Techniker, sondern ein Musiker, dem es vor allem um musikalischen Ausdruck und Emotion geht. So entlockt er seiner Bassgeige auch die exotischen Klänge eines indischen Instruments oder einer arabischen Laute. Sein akustisches, mit Akkordeon, Flamenco-Gitarre und Perkussion besetztes Quartett plus Gastsängerin Esperanza Fernández spielt ein prachtvolles Stück Weltmusik, das ganz ohne Klischees auskommt. Aber mit spürbar südlichem Feeling (Sur = Süden) aufwartet. Einem imaginären Süden, aus Klängen des Mittelmeerraums, lateinamerikanischen Rhythmen, Flamenco und Jazz. Einem Süden mit einer höchst verführerischen Aromenvielfalt. Wirkliche Klangabenteuer erlebt man nur selten. Garcia-Fons' Musik aber ist definitiv eines.

RIX

Weltmusik, CD, Enja/edelkultur