Ausgabe 03/2009
Wertvoll, aber abgespeist
Möbeldiscounter erhöht die Arbeitszeit seiner Beschäftigten, ohne angemessen dafür zu bezahlen
BERLIN | "Die Mitarbeiter sind die wertvollsten Bausteine des Unternehmens", heißt es auf der Homepage des Möbeldiscounters Roller in einer Selbstdarstellung: "Jeder Mitarbeiter soll gern bei Roller sein." Da die Mitarbeiter so gern im Unternehmen sind, macht es ihnen sicher nichts aus, drei Stunden pro Woche länger zu arbeiten, dachte sich die Geschäftsführung der Filiale in Berlin-Steglitz Ende 2006. Zum gleichen Lohn, versteht sich.
Die heutigen Betriebsräte erinnern sich daran, dass die Geschäftsführung damals der Frühschicht im Pausenraum verkündet hatte, die Arbeitszeit betrage jetzt 40 statt 37 Stunden. Der entstandene Unmut und Sonntagsarbeit, die nur nach Umsatz entlohnt werden sollte, führten Anfang 2008 zur Wahl des Betriebsrats in der Berliner Filiale. Mittlerweile klagen die fünf Steglitzer Betriebsräte auf rückwirkende Bezahlung der Arbeitszeit.
Der Arbeitgeber reagierte auf die Berliner Klage. Den Beschäftigten werden geänderte Verträge zur Unterschrift vorgelegt, vornehmlich wohl in Filialen ohne Betriebsrat. Wer sie unterschreibt, bekommt als Ausgleich für die Mehrarbeit 60 Euro. Das hält der Steglitzer Betriebsrat für zu wenig, denn die zusätzlichen Stunden würden so mit einem Stundenlohn von lediglich fünf Euro entlohnt. Die Belegschaft sei bereit, mehr zu arbeiten - aber nur bei einer angemessenen Entlohnung. 135 Euro fordert der Gesamtbetriebsrat für die Mehrarbeit.
Bloß nicht unterschreiben
Die neuen Verträge zielen darauf, die Arbeitszeit zu erhöhen. Das bestätigt auch Rainer Reichenstetter, der bei ver.di das Unternehmen betreut. Er rät dringend davon ab, sie zu unterschreiben. Darauf weist er auch in einem Schreiben an alle bei ver.di organisierten Roller-Beschäftigten hin. Er hofft, dass sich möglichst viele von ihnen bei ver.di melden, damit genügend Druck auf den Arbeitgeber entsteht, eine andere Lösung auszuhandeln. Bislang gibt es in zwölf der bundesweit insgesamt 90 Filialen Betriebsräte.HEIKE LANGENBERG
Infos: http://einzelhandel.verdi.de/unternehmen/moebel_roller