Ausgabe 04/2009
Ein Beruf mit Zukunft
Von Annett Weller |Forderung nach besserer Eingruppierung und Gesundheitsschutz
Spielend lernen und ausprobieren: in der Kita Weltentdecker in Erfurt
LEIPZIG | "Kindertagesstätten sind heute mehr denn je Lernort, denn die Entwicklung jedes Kindes soll so früh wie möglich gefördert werden. Chancengleichheit beginnt im frühesten Kindesalter", beschreibt Manuela Schmidt, ver.di-Fachbereichsleiterin Gemeinden, den veränderten Anspruch an den Beruf der Erzieherin. Dazu gehört aber gesellschaftliche Wertschätzung des pädagogischen Berufs, braucht es eine gute Ausbildung, angemessene Bezahlung und gute Bedingungen für Kinder und Erzieher/innen.
Genau da gibt es Defizite. In den 5661 Kindertagesstätten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen will man die nicht weiter hinnehmen. Die Erzieher/innen wollen nicht nur besser bezahlt werden, sondern auch Maßnahmen zur Gesundheitsförderung durchsetzen. Über entsprechende tarifliche Regelungen verhandelt ver.di mit der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA).
Feste Maßstäbe
Die Landesregierungen von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben inzwischen Bildungspläne für die Kindertagesstätten festgeschrieben. Alle zuständigen Minister betonen deren Wichtigkeit. "Mit dem Bildungsplan legen wir Maßstäbe für die frühkindliche Bildung in den Kindertageseinrichtungen vor, die eine große Herausforderung für die Professionalisierung des pädagogischen Handelns darstellen", sagte der damalige Kultusminister von Sachsen, Steffen Flath (CDU), bei der Einführung des Plans 2007.
Die Erzieherinnen spielen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Bildungspläne. Sprachangebote, Theater, spielerisches Lernen am PC. All dies wird oft nur durch das besondere Engagement der Pädagogen in den Kitas ermöglicht. Erzieherinnen müssen ständig präsent sein, individuell jedes Kind fördern, Gruppenprozesse begleiten, Eltern beraten, Entwicklungsberichte schreiben. Dafür, fordert die Gewerkschafterin Schmidt, müssen sie auch angemessen bezahlt werden.
Die Realität sieht anders aus. Fast die Hälfte der gut 23000 Erzieherinnen in den Kitas öffentlicher Trägerschaft in Mitteldeutschland haben in den letzten Jahren zur Stellensicherung abgesenkte Arbeitszeiten und damit geringere Einkommen hinnehmen müssen. Bei 30 Wochenstunden verdient eine Erzieherin derzeit 1770 Euro brutto. Neue Kolleginnen werden fast überall nur befristet eingestellt und dazu zwei Entgeltgruppen niedriger eingruppiert als ihre länger beschäftigten Kolleginnen. Damit kommen sie bei der gleichen abgesenkten Arbeitszeit auf knapp über 1500 Euro brutto.
Anschwellende Belastungen
Und das bei einer Arbeit, die täglich auch an die Grenzen gesundheitlicher Belastung geht. Zwei Drittel der Erzieherinnen rechnen nicht damit, gesund die Rente zu erreichen. Kolleginnen aus Thüringen haben die Situation auf dem letzten Erzieherinnentag in Erfurt klar umrissen: "Die Belastungen nehmen bedenklich zu. Erhöhter Krankenstand ist die Folge. Lärm, Stress und Druck empfinden nicht nur wir, sondern auch die Kinder."
ver.di fordert deshalb Regelungen zur Gesundheitsförderung. "Lärmschutz und angemessenes Mobiliar gehören genauso dazu wie eine bessere Personalausstattung oder Zeiten für Vor- und Nachbereitung", umreißt Schmidt einige der zu regelnden Punkte.
Da der größte Teil der Erzieherinnen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in der Altersgruppe zwischen 45 und 55 Jahren ist, brauchen die Kitas dringend junge Kolleginnen und Kollegen. Von der Durchsetzung der Forderungen hängt wesentlich ab, ob der Beruf auch noch in Zukunft attraktiv ist, für Frauen und Männer.