Che - Revolución/Guerilla Der erste Teil des Che-Biografie ist womöglich schon wieder aus den Kinos verschwunden, wenn der zweite anläuft. Während sich manche nach dem sperrigen ersten Teil vom zweiten emotionale Erleichterung erhofften, bleibt Guerilla konsequent. Dennoch sind beide Teile eine faszinierende Filmerfahrung. Keine lineare Biografie, Soderbergh hat sich für die dokumentarische Perspektive entschieden, mit unterschiedlichen Filmfarben und wackliger Handkamera, die sich jede Wertung versagt.

Revolución (Teil I) schildert Vorbereitung und Verlauf der kubanischen Revolution, vor allem die logistischen Mühen, die Kleinteiligkeit des bewaffneten Untergrundkampfs - geklammert von zwei historischen Ereignissen: einem Interview mit einer US-Journalistin und schließlich seine berühmte Rede vor den Vereinten Nationen ("Patria o Muerte!"). Genial zeigt die letzte Szene die Ambivalenz der Persönlichkeit Guevaras. Der Commandante schickt ein paar Rebellen zurück, die im Kampf um Santa Clara einen Cadillac mitgehen ließen und damit berauscht zum letzten Gefecht nach Havanna wollen. "Incredibile! Unglaublich!", schnalzt Guevara. Dann ist der Film zuende. Hier konzentrieren Soderbergh und Hauptdarsteller Benicio Del Toro den Humor, die pädagogische Ader und die Vorahnung auf sozialistische Realpolitik in einem magischen Augenblick. Allein das ist den ersten Teil wert.

Nun kommt der zweite, Guerilla, in die Kinos, der auf Che Guevaras Tagebuchaufzeichnungen während des Freiheitskampfes in Bolivien beruht . 131 Minuten werden sein Kampf gegen das bolivianische Militär, sein Asthma und wieder die operativen Mühen des Freiheitskampfes in unwirtlichem Gebiet gezeigt. Anders als in Kuba haben die wenigen Kämpfer die Bauern nicht auf ihrer Seite, und in Boli- vien versagt die Kommunistische Partei die Unterstützung. Soderbergh hält die kantige, manchmal auch langatmige Erzählstruktur, mit der er auf Guevaras Sicht der Dinge fokussiert. Einige linke Medien nehmen übel und monieren eine fehlende kritische Haltung zur umstrittenen Ikone Che. Und in der Tat kommt einem unterwegs Wolf Biermanns Zuschreibung "Christus mit Knarre" in den Sinn. Warum auch nicht?

Die formwandlerische Darstellungskraft von Benicio Del Toro und die Kameraarbeit des Regisseurs machen beide Teile bei aller Anstrengung zu einem magisch packenden Epos. Bis zu seinem bitteren Ende. Jenny Mansch

USA/F/E 2008; R: Steven Soderbergh; D: Benicio Del Toro, Franka Potente, Catalino sandino Moreno; Kinostarts: Teil I seit 11. Juni, Teil II (131 min.): 23. Juli


Erzähl' mir was vom Regen

Wie steht es eigentlich heute um die Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann? Agnes Jaoui wagt sich behutsam, facettenreich und intelligent an eine filmische Bestandsaufnahme in Zeiten, in denen lila Latzhosen ausgedient haben, Frauen in klassischen Männerberufen und einigen Führungsetagen angelangt sind und sich einst Gebärstreikende zu stolzen Mütter gewandelt haben.

Im Mittelpunkt steht eine engagierte, ehrgeizige Feministin, bewaffnet mit strengen Prinzipien und politischen Ambitionen. Eine Wahlkampfreise durch Südfrankreich, ihrer alten Heimat, nutzt sie auch, um ihrer Schwester beim Sortieren des mütterlichen Erbes zu helfen. Dort sieht sie sich umzingelt von einer Reihe von Skeptikern, die einen Film über sie drehen wollen, ihre bisherigen Ideale komplett infrage stellen und auf sie einreden, doch endlich eine Familie zu gründen.

Jaoui stellt die alle gleichermaßen festgefahrenen unterschiedlichen Wertevorstellungen und Sichtweisen ihres reichen Figurenarsenals zur Diskussion und führt sie sehr geschickt mit anderen Themen wie Rassismus und Work-aholismus, der Arbeitssucht, zusammen. Zwar sind einige Szenen etwas albern und seltsam trivial geraten. Aber solche Schwächen kompensieren pointenreiche, treffsichere Dialoge voller Situationskomik und Selbstironie.kl

F 2009. R: Agnes Jaoui; D: Agnes Jaoui, Jean-Pierre Bacri, Jamel Debouze, Pascal Arbillot, K: David QUESEMAND. L: 98 min., Kinostart: 30. Juli 2009