Schlechte Bezahlung, Überstunden und prekäre Arbeitsverhältnisse: "Unser Nachwuchs an den Hochschulen findet keine guten Voraussetzungen für wissenschaftliches Arbeiten", kritisiert Brigitte Schütt, im ver.di-Landesbezirk für Hochschulen zuständig. Eher ein System der Selbstausbeutung. Wie es zugeht im Wissenschaftsbetrieb, belegt eine Studie, die ver.di in Auftrag gegeben hat, um den Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen Nachwuchses auf den Grund zu gehen. An der Repräsentativbefragung durch die Technische Universität Berlin haben sich unter anderem auch angehende Wissenschaftler der Carl-von-Ossietz-ky-Universität Oldenburg beteiligt. Ein Ergebnis aus dem Alltag der gegenwärtig bundesweit rund 100 000 Promovierenden: Die Nachwuchskräfte, der so genannte Mittelbau der deutschen Hochschulen, arbeiten deutlich mehr Stunden als vereinbart. Die Promovierenden müssen zudem bis zu 60 Prozent ihrer Arbeitszeit mit "promotionsfremden Tätigkeiten" verbringen. Die Diskrepanz zwischen Arbeitszeit und Arbeitsvertrag wird am deutlichsten bei den Beschäftigten auf einer halben Stelle, die mit im Durchschnitt 38 Wochenstunden doppelt so viel arbeiten, wie sie müssten. Dabei ist die Hälfte aller Nachwuchskräfte von solch prekären Arbeitsverhältnissen betroffen. Die durchschnittliche Promotionsdauer beträgt allerdings 5,7 Jahre - die durchschnittliche Vertragsdauer dagegen nur 28 Monate. Schütt fordert daher die Hochschulen auf, dem Nachwuchs angemessenere Arbeitsverträge anzubieten: "Das bedeutet längere und anpassungsfähigere Laufzeiten und Abschaffung von Verträgen mit geringer Stundenzahl." Die Bezahlung der wissenschaftlichen Mitarbeiter sei an den tatsächlichen Arbeitsleistungen zu orientieren. "Wir müssen auch über Risikozuschläge für befristet Beschäftigte nachdenken", sagt Schütt. Denn so kann es nicht weitergehen: 90 Prozent der Promovierenden entscheiden sich derzeit gegen eine Wissenschaftskarriere im Hochschulbetrieb. 43 Prozent vermissen die Unterstützung durch ihre Hochschule; die Hilfe bei der persönlichen Karriereplanung wurde von mehr als 50 Prozent als "mangelhaft" bezeichnet. ver.di fordert daher, gebührenfreie Beratungs- und Weiterbildungsangebote auch über die befristete Hochschulbeschäftigung hinaus einzurichten. Unterstützung bis hin zur Lebens- und Familienplanung sei notwendig. Schütt: "Unser akademischer Mittelbau verdient mehr Wertschätzung. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist eine angemessene Finanzierung der Hochschulen."