Ausgabe 11/2009
Was treibt ein Gewerkschaftsrat?
Christine Saurer (rechts) bei der ver.di-Aktionswoche im September
Nach der Wahl ist vor der Wahl? Landtagswahl war 2008, Bundestagswahl 2009 - um welche Wahlen geht es denn 2010 und 2011 schon wieder? Ganz einfach: um die Organisationswahlen in ver.di. Noch nie davon gehört? ver.di ist eine so genannte Matrixorganisation, das bedeutet unter anderem, dass es zwei Entscheidungsstränge gibt. Zum einen ist dies der hauptamtliche Zweig mit dem höchsten Gremium Bundesvorstand und zum anderen der ehrenamtliche mit dem höchsten Gremium Gewerkschaftsrat. Der Gewerkschaftsrat wird wie alle ehrenamtlichen Gremien alle vier Jahre gewählt. Zu den Gewerkschaftsratsmitgliedern aus Bayern gehört Christine Saurer. Sie ist Münchnerin, 64 Jahre alt, seit 46 Jahren Gewerkschaftsmitglied und seit ver.di-Gründung ehrenamtliche Landesvorsitzende von ver.di Bayern. Tina Scholze hat für ver.di PUBLIK mit ihr gesprochen.
ver.di PUBLIK | Du bist ja quasi ein gewerkschaftliches Urgestein. Wie lange machst du schon ehrenamtlich Gewerkschaftsarbeit?
CHRISTINE SAURER | Ich war bei der Post angestellt und habe 1964 in der Jugendarbeit angefangen. Seither bin ich auf Bezirks-, Landes- und Bundesebene gewerkschaftlich aktiv.
ver.di PUBLIK | So lange und noch nicht müde? Wie schaffst Du das?
SAURER | Ich will denen, die sich selbst nicht helfen können, zur Seite stehen. Deshalb habe ich auch 24 Jahre Personal- und Betriebsratsarbeit gemacht.
ver.di PUBLIK | Viele Mitglieder kennen das Gremium Gewerkschaftsrat nur vom Begriff her.
SAURER | Der Gewerkschaftsrat hat 90 Mitglieder und tagt vier- bis fünfmal im Jahr. Er befasst sich mit allen grundsätzlichen Dingen einer Gewerkschaft. Zum Beispiel mit der Kontrolle der Tätigkeit des Bundesvorstands, der Verabschiedung des jährlichen Gesamthaushalts, der Genehmigung der Jahresabschlüsse, Budgetierungsrichtlinien, der Regelung von Mitgliedsbeiträgen und den Leistungen für die Mitglieder. Und auch mit der Überwachung der Satzung, der Kontrolle der Beschlüsse der Bundeskongresse und noch vielem mehr. Nachzulesen ist das im Paragraph 41 der ver.di-Satzung.
ver.di PUBLIK | Wie kommen Ehrenamtliche in den Gewerkschaftsrat?
SAURER | Die Vorschläge für die vier bayerischen Plätze werden auf der ver.di-Landesbezirkskonferenz beschlossen; auf dem Bundeskongress müssen sie dann gewählt werden. Über die Personengruppen und die Bundesfachbereiche sind im Gewerkschaftsrat noch weitere Mitglieder hier aus Bayern vertreten.
ver.di PUBLIK | Dein Schwerpunkt?
SAURER | Die Durchsetzung des Mindestlohns und der weitere Ausbau gewerkschaftlicher Gegenmacht. Der Gewerkschaftsrat hat eine Grundsatzerklärung verabschiedet, die wir zusammen verwirklichen wollen. Und natürlich müssen wir weiterhin die Mitgliederzahlen erhöhen, denn nur so können wir die Kampfkraft und Durchsetzungsfähigkeit sichern und erhöhen.
ver.di PUBLIK | Was macht dir am meisten Spaß bei der ehrenamtlichen Arbeit?
SAURER | Wenn ich merke, dass es viele Menschen gibt, die die gleichen Ziele haben wie ich, und da sind, um diese durchzusetzen. Schön ist es auch, zu spüren, wenn wir alle durch Streiks etwas erreicht haben.
ver.di PUBLIK | Würdest du heute Entscheidungen anders als früher treffen?
SAURER | Wenn Menschen nichts zu bereuen haben, dann leben sie entweder nicht oder sie stellen sich nicht auch mal in Frage.