Hamburg ist kein Unternehmen!

Schluss mit der Stadt als "profit center"

Christoph Twickel

"Eine Marke ist der gute Name, der entsteht, wenn viele Menschen auf Dauer ähnliche positive Vorstellungen mit einem Angebot verbinden." So steht es auf der Webseite der stadteigenen "Hamburg Marketing GmbH". Klingt harmlos? Auf keinen Fall. Wenn die Politik alles daran setzt, eine Stadt zum "Angebot" zu machen, müssen bei ihren Einwohnern alle Alarmglocken läuten. Schließlich geht es bei diesem Angebot nicht um Touristen. "Entdecken Sie unser Portfolio und wachsen Sie mit!", appelliert zum Beispiel der Finanzsenator Michael Freytag an die Leser in einer aktuellen Senatsbroschüre, die sich an den Immobilien- und Finanzsektor richtet. Auf diese Stoßrichtung der Stadtentwicklung zielt unsere Kritik. Denn eine Stadt, die nur noch profit center sein darf, hört auf, Gemeinwesen zu sein. Die aufgeregten Politikerreaktionen auf das Manifest "Not In Our Name, Marke Hamburg", zeigen uns, dass wir ins Schwarze getroffen haben. Dass fast die gesamte Szene der freien Kulturschaffenden, die "Hamburg Marketing" seit Jahren zum Aushängeschild ihrer Standortwerbung macht, sich gegen das neoliberale Modell vom "Unternehmen Hamburg" stellt, beschädigt eben tatsächlich die Werbestrategie der "Marke Hamburg". Dennoch müssen wir immer wieder klarstellen, dass es nicht um ein Imageproblem, sondern um wirkliche, soziale Probleme geht. Wir haben es immer wieder gesagt: Wir, die so genannten "Kreativen", wollen keine Schonbereiche erstreiten, um dann das Sahnehäubchen einer Stadt der Besserverdienenden zu sein. Schließlich verdienen auch die meisten von uns ihren Lebensunterhalt überwiegend mit prekären Jobs. Wir sind nicht nur Musiker, Theaterleute, Autoren oder Künstler, sondern eben auch Tresenkräfte und Call-Center-Mitarbeiter, schreiben schlecht bezahlte Werbe- oder Infotexte, layouten Kundenzeitschriften, fahren Taxi oder geben für 7,50 € die Stunde Daten ein. Das Manifest ist da-her nicht zuletzt auch eine Solidaritätserklärung: Mit unseren Forderungen stellen wir uns explizit an die Seite der Initiativen, die derzeit unter dem Slogan "Recht auf Stadt" für eine Wende in der Stadtpolitik streiten - ein offenes Netzwerk, bei dem sich im Prinzip jeder beteiligen kann, für den die Stadt mehr als ein Portfolio aus "Sahnelagen" ist. Christoph Twickel

Christoph Twickel ist Mitverfasser des Künstlermanifests "Not In Our Name, Marke Hamburg" und war Mitinitiator der großen Demonstration "Recht auf Stadt" am 18.12.2009, an der sich auch ver.di beteiligte.

Aufruf: Es ist genug für alle da! Soziale Spaltung nicht vertiefen

"Hamburg ist reich, Hamburg muss nicht sparen", so fasst ein Aufruf unseren Widerstand gegen das größte Sparprogramm der Stadt zusammen, das mit riesigen Streichungen zulasten der sozialen Programme, der Infrastruktur, Bildung und Kultur einhergeht - bei gleichzeitiger Rekordverschuldung und steuerlicher Schonung von Reichen, von Unternehmen und Banken. Ein solches Spardiktat ist nicht hinnehmbar! Wir rufen die Bürgerinnen und Bürger Hamburgs auf, sich solidarisch zu zeigen, zu protestieren und unseren Aufruf zu unterzeichnen: www.genugfueralle.de/aufruf