Ausgabe 04/2010
Der Mops mag den Ibis nicht
VON Birgit Sperner
In der Natur ist der Ibis ein Schreitvogel, der sich von Insekten und Larven ernährt und in warmen Teilen der Welt lebt. In der oft rauen und kalten Welt der Deutschen Post AG vertilgt IBIS (IT-gestütztes Bemessungs- und Informationssystem) Arbeits- und Lebenszeit: "IBIS ist ungerecht!" bringt es ein MOPS-Zusteller auf den Punkt. MOPS, das ist der mobile Postservice für ländliche Gebiete. "Die Bezirke werden ständig größer. Da kann man kaum noch korrekt arbeiten", sagt eine Zustellerin. "Durch immer höhere Zielvorgaben, weniger Personal und steigende Krankenstände wächst der Druck", stellt ein Kollege der Postbank Filialvertrieb AG fest. Ständig zunehmende Arbeitsverdichtung, schlecht organisierte Betriebsabläufe und mangelhafte Arbeitsmittel beklagt die Beschäftigte eines Briefzentrums. Arbeitszeit spielt im Kampf um gute Arbeit eine herausragende Rolle. Das ist eine Erkenntnis aus drei Arbeitstagungen, mit denen rund 350 Vertrauensleute der Deutschen Post AG aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland in ihre neue Amtszeit gestartet sind. Unter dem Motto "Vertrauensleute machen Gute Arbeit" bewerteten sie in Kreuznach, Kirkel und Koblenz die derzeitige betriebliche Situation und legten die Schwerpunkte ihrer Arbeit fest.
Druck durch Konkurrenz
Ein weiteres Top-Thema ist die Sicherung der Einkommen. "Dank ver.di haben wir ein festes, verlässliches Einkommen", stellt eine Zustellerin in Koblenz fest. Aber: "Die Konkurrenz macht Druck auf die Arbeitsplätze und Löhne. Wir brauchen einen Mindestlohn", wird in Bad Kreuznach gefordert. Variablen Einkommensbestandteilen auf Basis von Punktebewertungen wird eine Absage erteilt, weil sie nur schwer nachvollziehbar sind und als ungerecht empfunden werden. Weit oben auf der Bewertungsskala werden unbefristete Arbeitsverhältnisse eingeordnet. "Wir haben Sicherheit durch den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen", wird der letzte ver.di-Tarifabschluss gewürdigt. Ein Kollege berichtet, dass er seine Einstellungsklage mit Unterstützung durch den Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat und ver.di erfolgreich durchgezogen hat. Sorge jedoch bereitet der alljährliche Kampf um die Übernahme der Auszubildenden. Die Ungewissheit verunsichert gerade vor den Prüfungen. Unverständnis über die Personalsteuerung äußert ein Kollege in Bad Kreuznach "Gute, zuverlässige Kräfte müssen gehen, da das Budget erschöpft ist, neue müssen angelernt werden. Wo ist hier die Logik?"
Hauptsache die Quote stimmt
Beschäftigte wollen bei der Arbeit respektvoll behandelt werden. Die Realität sieht leider oft anders aus: "Man wird nicht als Mensch gesehen, nur als Rädchen im Getriebe, Hauptsache die Zahlen und die Quote stimmen." Während Schuldzuweisungen und Zurechtweisungen an der Tagesordnung sind, fehlt es an Lob und Anerkennung guter Leistungen." Bei den Vertrauensleuten schneiden vor allem Vorgesetzte schlecht ab, während das Verhältnis der Kolleginnen und Kollegen untereinander insgesamt besser bewertet wird.
Gerupfter Ibis
Die ver.di-Vertrauensleute bei der Deutschen Post AG in Rheinland-Pfalz und im Saarland haben sich vorgenommen, den unersättlichen IBIS in den nächsten Jahren zu bändigen. Die dokumentierten Ergebnisse der drei Auftaktkonferenzen werden zur Grundlage konkreter Initiativen, mit denen sie sich in den Niederlassungen gegen den Raub von Arbeits- und Lebenszeit wehren und ihre Arbeitsbedingungen kontinuierlich verbessern wollen.