Ausgabe 06/2010-07
1648 Verfahren
Für rund zwei Millionen Beschäftigte bundesweit gelten branchenweite Min-destlöhne. Aber bekommen sie sie auch? "Viele Firmen unterlaufen den Mindestlohn", titelte die Süddeutsche Zeitung Ende Juni. Hintergrund ist die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestags-Fraktion der Grünen nach der Durchsetzung von Mindestlöhnen (Drucksache 17/1947).
Das Bundesarbeitministerium, das die Fragen der Grünen beantwortet hat, gibt an, dass rund 14000 Arbeitgeber in der Bauindustrie und rund 2100 in der Gebäudereinigung 2009 geprüft worden sind. Mit rund 1,5 Millionen Beschäftigten waren sie zum Stichtag die größten Branchen, in denen Mindestlöhne nach dem Entsendegesetz gelten. In der Bauwirtschaft waren 1445 Bußgeldverfahren gegen Firmen wegen Verstößen gegen den Mindestlohn eingeleitet worden. In der Gebäudereinigung waren 203 Firmen betroffen. Allerdings kann erst nach Abschluss der Verfahren gesagt werden, ob die Unternehmen tatsächlich gegen die Mindestlohnregelung verstoßen haben. Die Sanktionsmöglichkeiten sieht die Bundesregierung "als ausreichend an. Eine Verschärfung ist nicht beabsichtigt". Überwacht wird die korrekte Bezahlung von 6400 Beamten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die auch für die Suche nach illegal Beschäftigten zuständig ist. Sie müssen allein 70000 Baustellen bundesweit prüfen. Aufgestockt werden soll die Zahl der Beamt/innen in 2010 um 150.
Das sind nach Meinung von Experten weiter zu wenig, zumal die Zahl derjenigen, die von Mindestlöhnen nach den Entsendegesetzen profitieren soll, weiter ansteigen wird. So soll ab 1. August der Mindestlohn für die rund 800000 Arbeitnehmer/innen in der Pflegebranche in Kraft treten, an den sich auch die bislang nicht tarifgebundenen Arbeitgeber halten müssen.
Als Straftat bewertet
Wie notwendig die Kontrollen sind, zeigte sich jüngst in einem Urteil des Landgerichts Magdeburg. Es verurteilte einen Reinigungsunternehmer zu einer Geldstrafe, weil er den Reinigungskräften Stundenlöhne unter einem Euro zahlte. Das Gericht bewertete das Unterschreiten des allgemeinverbindlichen Mindestlohns als Straftat und nicht wie bisher üblich als Ordnungswidrigkeit. hla/dpa
Az: 21 Ns 17/09