Wiedereinsteigerinnen ins Berufsleben wird es in Deutschland meist sehr schwer gemacht. Viele sind hoch qualifiziert, haben aber dennoch wenig Chancen. Ein Bericht

Kinder sind nach wie vor in erster Linie Frauensache - mit allen Problemen für die weitere Berufstätigkeit

RHEINLAND-PFALZ | Montag, 8.30 Uhr. Für 14 Frauen um die 40 beginnt die letzte Woche, in der sie gemeinsam die Schulbank drücken. Alle haben eine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie sind qualifiziert - als promovierte Physikerin, Tiermedizinerin, Reiseverkehrskauffrau, technische Assistentin, Betriebswirtin, Bankkauffrau oder Juristin mit zweitem Staatsexamen - und waren alle nach ihrer Berufsausbildung berufstätig.

Dann kam der Bruch: Aus familiären Gründen, sei es wegen der Kinder oder um pflegebedürftige Familienmitglieder zu versorgen, haben sie für mehrere Jahre ausgesetzt. Jetzt wollen sie wieder berufstätig sein und müssen dabei feststellen, dass ihre Qualifikationen offensichtlich auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr ausreichen. Deshalb besuchen sie einen Wiedereingliederungskurs der SPAZ (Gesellschaft für berufsbezogene Bildung und Beschäftigung) in Mainz.

Während ihrer Familienpause, die eine Arbeitsphase mit hohen und vielfältigen Anforderungen war, haben sich Arbeitsinhalte und Abläufe, Computerprogramme und Rechtsvorschriften geändert und müssen neu erlernt werden. Die Frauen sind engagiert bei der Sache und gleichzeitig unsicher. Sie mussten erfahren, wie schwer der Wiedereinstieg ist. Bewerbungen blieben unbeantwortet oder wurden mit floskelhaften Begründungen zurückgeschickt. Arbeitgeber wollen Arbeitskräfte, die umfassend verfügbar sind. Trotz gegenteiliger Beteuerungen gibt es nach wie vor wenig Verständnis dafür, dass Zeit für die Familie nötig ist.

Diese Erfahrung machte auch Annette Schulz. Die Tiermedizinerin bewarb sich bei einer Firma, wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und eingestellt. Allerdings hatte der Arbeitgeber nicht gehört oder nicht hören wollen, dass sie sich auf eine Teilzeitstelle beworben hatte. Das Arbeitsverhältnis wurde prompt vom Arbeitgeber beendet, als klar wurde, dass Annette nicht in Vollzeit arbeiten konnte. Kein Einzelfall: Oft bewerben sich 500 und mehr Arbeitsuchende auf eine Stelle. Die Wiedereinsteigerin konkurriert dabei mit wesentlich jüngeren Frauen, die fachlich auf dem neuesten Stand und familiär ungebunden sind. Trotz hoher Motivation und Weiterbildungsbereitschaft machen sie die Erfahrung, dass sie offenbar niemand beschäftigen will.

Familienpolitik, mittelmäßig

Wenn auch noch die finanzgeschwächten Kommunen im Kita-Bereich sparen, werden die Chancen für Wiedereinsteigerinnen noch düsterer, als sie es jetzt schon sind. Dabei gibt es im europäischen Vergleich eindeutigen Nachholbedarf. Deutschland liegt, was Familienfreundlichkeit anbelangt, europaweit im Mittelfeld, weit abgeschlagen hinter den skandinavischen Ländern.

In den Ländern, in denen die Erwerbsquoten der Frauen am höchsten sind, ist auch die Geburtenrate am höchsten. So hat Schweden mit 76,3 Prozent die höchste Frauenerwerbsquote und mit rechnerisch 1,75 Kindern pro Frau auch die zweithöchste Geburtenrate. In Deutschland arbeiten dagegen nur 62,2 Prozent der Frauen. Trotzdem werden pro Frau nur 1,38 Kinder gezählt. Unsere Nachbarländer zeigen, worauf es ankommt: Wer Familie und Kindern einen hohen Stellenwert einräumen will, der muss Arbeitsmarkt-, Sozial- und Steuerpolitik so gestalten, dass Eltern entlastet werden. In Ländern wie Schweden wird Eltern ganz selbstverständlich Zeit eingeräumt, ihren Erziehungsaufgaben nachzukommen. Lange statt kurze Teilzeitstellen ermöglichen beiden Eltern, in der Erziehungszeit nach der Geburt die Familienarbeit zu teilen. Darüber hinaus hilft eine umfassende außerhäusliche Kinderbetreuung. In Dänemark werden über 70 Prozent der unter Dreijährigen betreut, in Deutschland nur etwa 21 Prozent.

Deutschland scheint aber zumindest auf dem richtigen Weg zu sein: Laut Institut der deutschen Wirtschaft konnte das Land in den letzten Jahren stärker aufholen.

Petra Seitzmayer

Petra Seitzmayer ist von Haus aus Juristin. Im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme von SPAZ war sie Praktikantin bei PubliK in Rheinland-Pfalz.