Als Katrin Distler 2004 ihre Arbeit als EURES-Beraterin des Deutschen Gewerkschaftsbunds in Freiburg im Breisgau aufgenommen hat, war die Richtung eindeutig. Im Elsass war die Arbeitslosigkeit hoch, Arbeitskräfte aus Frankreich drängten eher nach Deutschland als umgekehrt. Mit EURES-Programmen fördert die Europäische Kommission bis heute die berufliche Mobilität, so wie hier in der Region Oberrhein, dem Grenzland zwischen Frankreich, Deutschland und der Schweiz.

"Heute fehlen auch in Frankreich Fachkräfte", sagt Distler. Die Region ist weiter zusammengewachsen, in einem Land zu leben und im anderen zu arbeiten ist für die Menschen selbstverständlicher geworden. Da wirken auch Ländergrenzen nicht trennend. Sie selbst kommt aus einem kleinen Ort an der Grenze zur Schweiz. Etwa 40 Prozent der Arbeitskräfte des Ortes arbeiten mittlerweile im Nachbarland. Dahin zieht es sie nicht nur wegen des höheren Lohnniveaus, Pflegekräfte locken die besseren Arbeitsbedingungen in der Schweiz.

"Mit den Infos, was beim Arbeiten im Ausland zu beachten ist, möchte ich Ratsuchende bei der Entscheidungsfindung unterstützen", sagt Distler zu ihrem Selbstverständnis. Dabei geht es neben persönlichen Überlegungen auch um rechtliche Fragen. EU-Regelungen geben den rechtlichen Rahmen für diese sogenannte Arbeitnehmerfreizügigkeit vor, die Ausgestaltung hängt von den Gesetzen im jeweiligen Land ab. Welche Ausbildungsab- schlüsse werden wie anerkannt? Braucht man für die Schweiz eine Arbeitserlaubnis? Wo werden die Einkünfte versteuert?

Auch die Sozialversicherungssysteme unterscheiden sich, hier sei die rechtliche Lage im Laufe der Jahre sogar noch kniffeliger geworden, sagt Distler. Als Beispiel nennt sie den Rentenbeginn. Das gesetzliche Renteneintrittsalter liegt in Frankreich noch bei 62, da ist in Deutschland in der Regel auch mit Abschlägen kein Rentenbezug möglich. Wer erst hier und dann in Frankreich gearbeitet hat, kann damit vor einem Problem stehen. Doch eine pauschale Lösung dafür gibt es nicht: "Da muss man jeden Einzelfall ansehen." Der hohe Beratungsbedarf zeige, dass mehr Angleichung innerhalb von Europa gebraucht werde. Die EU koordiniere eher als dass sie harmonisiere.

Die DGB-Gewerkschaftssekretärin verbringt etwa die Hälfte ihrer Arbeitszeit mit EURES-Beratungen. Die macht sie vor Ort oder telefonisch. Aufmerksam werden die Ratsuchenden über das EURES-Portal oder die Website des DGB Baden-Württemberg. Wie eng die Region Oberrhein mittlerweile zusammengewachsen ist, hat die Corona-Pandemie deutlich gemacht. "Die Menschen hier fühlten sich eingesperrt, in ihrer Freiheit eingeschränkt", erinnert sich Distler. Der Grenzüberschritt war zeitweise nur noch mit Passierschein möglich, einige Grenzübergänge waren ganz geschlossen.

Katrin Distler geht davon aus, dass etwa 100.000 Arbeitskräfte in der Region pendeln. Wichtige Voraussetzung dafür seien Sprachkenntnisse. Sie berät überwiegend Beschäftigte aus der Privatwirtschaft, aber auch von öffentlichen Einrichtungen. Und das nicht nur vor der Entscheidung, sie bleibt auch danach noch Ansprechpartnerin. hla