Erika Ritter ist Leiterin des Fachbreichs Handel im Landesbezirk Berlin-Brandenburg

Sekt oder Selters? Das war die Frage an jenem Freitag Anfang September für die 25000 Beschäftigten bei Karstadt. Dann aber ging die 14 Monate währende Hängepartie in der Insolvenz endlich doch gut aus. Karstadt bekommt die Chance auf eine gedeihliche Zukunft und die Beschäftigten behalten ihre Arbeitsplätze - gute Gründe, die Sektkorken so richtig knallen zu lassen!

Was haben die Kolleginnen und Kollegen alles durchmachen müssen! Die letzten Monate hatten alles, was für einen spannenden Wirtschaftskrimi taugt: Desinformationen, Störfeuer der Konkurrenz, Gerüchte, Denunziationen, falsche Behauptungen, Schüren der Ängste von Menschen. All das hat bei den Beschäftigten für ein Wechselbad der Gefühle gesorgt.

Parallel mussten sie miterleben, wohin eine Insolvenz auch führen kann: Unternehmen, mit denen man vor Jahren schon mal eins war, wurden liquidiert, tausende Kolleginnen und Kollegen verloren ihre Arbeitsplätze. Sie arbeiteten bei Hertie oder bei Quelle. Jetzt sind sie arbeitslos oder verdienen ein paar Euro in einem Teilzeitjob. Das hat den Karstadt-Beschäftigten fast den Mut genommen. Aber es hat auch zusammengeschweißt. Betriebsräte und die Beschäftigten wurden selbst aktiv, um dabei mitzuhelfen, dass der Investor Nicolas Berggruen den Kaufvertrag vollziehen kann.

Noch am Tag vor der Entscheidung, als sich die frohe Kunde der Einigung mit allen Gläubigern bereits abzeichnete, sagten die Kolleginnen: Freuen wir uns nicht zu früh. Wir glauben es erst, wenn alle unterschrieben haben. So tief sitzt die Erfahrung mit den Störmanövern von außen, die ganz offensichtlich nur den einen Zweck hatten, einen Konkurrenten loszuwerden. Aber jetzt ist es geschafft. Karstadt hat eine Zukunftschance. Und damit auch die vielen Beschäftigten und ihre Familien, die nun endlich wieder einmal aufatmen können.