Monika Brandl ist Vorsitzende des ver.di-Gewerkschaftsrats

ver.di PUBLIK | Eine ver.di-Delegation war in diesem August gemeinsam mit Abgesandten der britischen Partnergewerkschaft UNISON in Kolumbien. In welcher Absicht?

MONIKA BRANDL | Wir wollen helfen, der Situation der Gewerkschafter/innen im Land mehr Öffentlichkeit zu verschaffen. Allein im ersten Halbjahr 2010 sind in Kolumbien 42 Gewerkschafter/innen ermordet worden. Wir wollen darauf hinwirken, dass diese Morde geahndet und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Wir fordern die kolumbianische Regierung auf, die Menschenrechte einzuhalten.

ver.di PUBLIK | Hat sich die Verfolgung von Gewerkschaftern in Kolumbien weiter verschärft?

BRANDL | Inzwischen ist schon die gewerkschaftliche Organisierung gesetzlich erschwert worden. Es sind in großem Umfang unbefristete Arbeitsverträge der Beschäftigten gekündigt worden, und man hat ihnen eine Arbeit in einer so genannten Kooperative angeboten. Das heißt: Sie arbeiten für einen Bruchteil ihres früheren Lohns, gelten nicht mehr als Beschäftigte im Sinne eines Arbeitsvertrags und sind weder kranken- noch rentenversichert. Und dazu wurde ein Gesetz erlassen, das vorschreibt, dass sich nur die in einer Gewerkschaft organisieren können, die einen festen, unbefristeten Arbeitsvertrag haben. Es können sich also immer mehr Kolleginnen und Kollegen nicht legal gewerkschaftlich organisieren. Und wenn die sich dann trotzdem zusammen tun, weil die Bedingungen unzumutbar sind, dann sind die illegal und werden verfolgt. Und inzwischen haben nur noch 40 Prozent der arbeitenden Bevölkerung unbefristete Arbeitsverhältnisse.

ver.di PUBLIK | Was können ver.di und UNISON tun?

BRANDL | Das eine ist, dass wir auf die Bundesregierung einwirken, damit sie das derzeit anstehende Freihandelsabkommen, das ja Kolumbien unbedingt möchte, nicht unterschreibt, solange dort die Menschrechte nicht eingehalten werden. Und das andere ist: Wir können den dortigen Gewerkschaften bei ihrem Aufbau helfen. Denn es ist eine sehr zerklüftete Gewerkschaftslandschaft. Es sind etwa 800000 Menschen in Gewerkschaften organisiert, aber die verteilen sich auf etwa 2900 Gewerkschaften. Wir haben erzählt, wie wir, also UNISON und ver.di, uns mit verschiedenen Gewerkschaften zu einer großen Organisation zusammengetan haben, um mehr Einfluss zu bekommen und mächtiger zu sein.

ver.di PUBLIK | Also Ihr helft auch mit Eurer Organisationserfahrung. Was steht jetzt als nächstes an?

BRANDL | Wir haben vor, eine Öffentlichkeitskampagne einzuleiten, um auf die Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen. Ein Ziel dabei ist, das Freihandelsabkommen zu verhindern. Denn dadurch würden die Arbeitsbedingungen noch schlechter werden. Und deswegen muss Öffentlichkeit hergestellt werden. Um zu verhindern, dass die Kolleginnen und Kollegen noch weiter geknechtet werden.