Der Discounter Lidl ist stolz auf seine Mitgliedschaft in der „Business Social Compliance Initiative“ (BSCI), einer puren Unternehmensvereinigung, und rühmt sich in seinen Werbeprospekten so: „Wir handeln fair! Jedes Produkt hat eine Geschichte. Uns ist wichtig, wer sie schreibt. Lidl setzt sich weltweit für faire Arbeitsbedingungen ein. Wir bei Lidl vergeben deshalb unsere Non-Food-Aufträge nur an ausgewählte Lieferanten und Produzenten, die bereit sind und nachweisen können, soziale Verantwortung aktiv zu übernehmen. Wir lehnen grundsätzlich jegliche Form von Kinderarbeit oder Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen in den Produktionsstätten unserer Waren ab. Wir sichern diese Standards nachhaltig“.

Alles nur klingende Worte, denn eine Studie im Auftrag des Europäischen Zentrums für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) und der Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) hat ein ganz anders Bild ergeben: Die befragten Näherinnen mehrerer Zulieferbetriebe Lidls in Bangladesch berichteten von unmenschlichen Arbeitsbedingungen: überlange Arbeitszeiten, Lohnabzüge als Strafmaßnahmen, mangelnde und intransparente Vergütung, Überstunden, Verhinderung von Gewerkschaftsarbeit und Diskriminierung von weiblichen Beschäftigten. Die dort beschriebenen Verhältnisse verstoßen haufenweise gegen Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), den BSCI-Verhaltenskodex und sogar gegen die Selbstverpflichtung Lidls.

Auf diese dreiste Täuschung des Verbrauchers hatte die Verbraucherzentrale (VZ) Hamburg mit einer Klage vor dem Landgericht Heilbronn wegen unlauteren Wettbewerbs reagiert. „Lidl täuscht die Verbraucher. Auf unsere Abmahnung hin wollte der Discounter die Werbung nicht zurückziehen. Doch wo fair und sozial draufsteht, muss auch fair und sozial drin sein. Deshalb haben wir jetzt Klage eingereicht“, begründete der Chef der Hamburger VZ, Günter Hörmann, die Einreichung der Klage. Auf eine Verurteilung ließ es Lidl lieber nicht ankommen und sicherte in einer Unterlassungserklärung zu, Werbeversprechen mit Bezug auf weltweit faire Arbeitsbedingungen zu unterlassen.

Fair ist begehrt

„Wir stellen fest, dass immer mehr Verbraucher/innen fair hergestellte und fair gehandelte Produkte wollen“, so Verbraucherschützer Hörmann. Lidl habe sich daher in seiner Werbung ein Sozialmäntelchen umgehängt, das aber rein gar nichts mit der Wirklichkeit in den Zulieferbetrieben zu tun hat. Hier könne das Wettbewerbsrecht ein wirksames Mittel sein. Geholfen habe auch das enorme öffentliche Interesse an Lidls Praktiken, so Hörmann weiter.

Das Unternehmen war durch die Berichte über die Skandale im Umgang mit seinen Mitarbeitern so in die öffentliche Kritik geraten, dass ihm gar nichts anderes übrig blieb, als klein beizugeben. Hörmann: „Wir haben diesen Druck im Interesse derjenigen Verbraucher verstärkt, bei denen wir einen Bewusstseinswandel feststellen. Die Qualität der Produkte wird zunehmend wichtig. Dazu gehören auch die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards, Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Die Zeiten von Werbesprüchen wie ‚Geiz ist geil’ scheinen – auch ob der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise – vorbei. Ich räume ein: Mit der Unterlassungserklärung von Lidl hat sich für die Näherinnen in Bangladesch noch nichts geändert. Ich baue darauf, dass der Druck, der über viele Akteure gegenüber Lidl aufgebaut wurde, die Gespräche befeuern, die zwischen CCC und ECCHR sowie Lidl vereinbart wurden.“

www.vzhh.de/recht/30346/lidlhtm.aspx

www.humanrights.ch/home/de/Instrumente/UNO/ILO/Konventionen/idcatart_9153-content.html