Ausgabe 01/2011-02
Vorn und hinten verkehrt
WOLFGANG UELLENBERG VAN DAWEN ist Leiter des ver.di-Bereichs Politik und Planung
Rente ab 60 für alle und dann kräftig hinzuverdienen - mit diesem Vorschlag glänzte die FPD schon im Bundestagswahlkampf 2009. Die Bundesregierung hat diesen Vorschlag jetzt in veränderter Form aufgegriffen: Sie will die bisherige Grenze von 400 Euro aufheben und es Frührentnern ermöglichen, bis zur Höhe ihres bisherigen Brutto-Monatsentgeltes hinzuverdienen zu können. Dem Hause von der Leyen, dem Bundesarbeitsministerium, ist immerhin aufgefallen, dass Frührente und ein voller Lohn älteren Besserverdienern eine Gehaltserhöhung auf Kosten der Versichertengemeinschaft bescheren würde.
Mehr hinzuverdienen - das soll die Volksmeinung beruhigen. Denn die Seismographen schlagen immer noch heftig aus, wenn es um die Rente mit 67 geht. Das heißt Rentenkürzung und Altersarmut, und das wissen die meisten Wählerinnen und Wähler. Da ist die Idee aus Guidos Wundertüte gerade recht. Denn warum nicht: Rente mit Abschlägen, aber Hinzuverdienst bis zur alten Gehaltshöhe. Der Arbeitgeber spart Lohnkosten, die Vorruheständler bekämpfen die Altersarmut selbst. Wenn sie es denn können. Denn das ist der Haken: Viele Beschäftigte erreichen aus gesundheitlichen Gründen nicht einmal die gesetzliche Altersgrenze von 65 Jahren.
Noch immer gilt der grausame Satz: Wer härter arbeitet, stirbt früher. Körperliche Arbeit wurde erleichtert, die psychischen Belastungen nehmen zu. Bleibt die Erwerbsminderungsrente, die zum würdigen Leben vorne und hinten nicht reicht. Und: Wo sollen denn die vielen Arbeitsplätze herkommen, auf denen hinzuverdient werden soll? Nur knapp ein Viertel der über 60-Jährigen findet derzeit eine Beschäftigung. Und den meisten Frührentnern bleibt nur der Minijob, von denen es heute schon über sieben Millionen gibt. Wie bei jedem gelben Vorschlag ist auch dieser einer Für Die Profiteure (FDP): Arbeitszeit verkürzen, individuell hinzuverdienen, eine gute Rente kassieren - das können die wenigsten. Die Mehrheit braucht eine Rente, die für ein würdiges Leben reicht.