ver.di - wie es weiterging

Wolfgang Denia

Auch er gehörte zu den ver.di-Gründern und wurde im April 2001 zum ersten Landesleiter der neuen Dienstleistungsgewerkschaft in Niedersachsen-Bremen gewählt: Wolfgang Denia.

Schon als ehemaliger DAG-Landesleiter nahm er kein Blatt vor den Mund. Gerhard Schröder, von 1990 bis 1998 Ministerpräsident in Niedersachsen, bezeichnete ihn sogar als "größten Scharfmacher unter den niedersächsischen Gewerkschaftern". Denia wertet dies als Kompliment.

Der heute 60-Jährige hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die alten Gräben zwischen den DGB-Gewerkschaften und der DAG zugeschüttet wurden. Er erinnert sich noch, dass der damalige ÖTV-Bundesvorsitzende Heinz Klunker 1980 einen Beschluss herbeigeführt hatte, wonach die DAG eine "gegnerische Organisation" sei. "Wir haben das vor Ort aber nicht gelebt", sagt Denia, der ab 1983 als Bundesberufsgruppenleiter in der DAG-Zentrale in Hamburg tätig war. Aus dieser Zeit kennt er Horst Fricke.

"Für die gesamte Berufspolitik im öffentlichen Dienst war ich verantwortlich und habe in unzähligen Tarifverhandlungen gesessen." In bester Erinnerung sind ihm noch die Lohnverhandlungen im Straßenbahnerwaldheim in Stuttgart, wo sich die ÖTV-Bundeszentrale befand. "Anfang der 90er Jahre gab es nicht mal einen informellen Austausch zwischen ÖTV und DAG. Das versuchten die Arbeitgeber natürlich auszunutzen."

Rückkehr nach Hannover

Nach dem Motto "Lieber in der Provinz der Erste, als in Rom der Zweite" bewarb sich Denia nach 16 Jahren als Pendler um den DAG-Landesvorsitz in Hannover. "Das geschah gegen den Willen des Bundesvorstands." Trotzdem ging er das Risiko ein, gab seinen festen Job in der Hansestadt auf und stellte sich mit vier weiteren Kandidaten zur Wahl. Es klappte: Denia wurde Landesleiter.

Im April 1996 nach einer Messe-Eröffnungsfeier kam es zu dem entscheidenden Gespräch mit Horst Fricke und dem IG-Metall-Bezirksleiter Jürgen Peters. "Neben Fricke hat vor allem Peters dafür gesorgt, dass ich ab 1997 regelmäßig zu den DGB-Sitzungen eingeladen wurde." Im Juli 1997 kam es dann nach der Veranstaltung "50 Jahre ÖTV" zu dem Artikel über die Fusion zwischen ÖTV und DAG in der Neuen Presse. "Ich musste daraufhin in Hamburg antreten und wurde rundgebügelt."

In Hannover lief es indessen rund. Denia spielte häufig über Bande. "Bei den Verhandlungen um das Bündnis für Arbeit saß ich 1998 mit dem damaligen DGB-Chef Heinz Hermann Witte auf Schröders Sofa und sollte den Scharfmacher spielen, was mir auch trefflich gelang", sagt er schmunzelnd.

Die Zeit bis zum Kooperationsvertrag war schwierig. "Alle haben wohl ignoriert, dass bei konkurrierenden Gewerkschaften Kooperationen nur schwer möglich sind. Aber Horst und ich haben die Fusion immer angestrebt. Nach dem ÖTV-Desaster von Leipzig glaubten die meisten, alles sei vorbei." Der ÖTV-Gewerkschaftstag hatte gegen die Fusion gestimmt. Die Frankfurter Rundschau formulierte daraufhin sinngemäß: ver.di ist nicht tot, sondern startet ohne die ÖTV. "Das wäre natürlich praktisch nie gegangen. Doch das Ziel hieß ver.di, und es hat funktioniert."

Im März 2007 hat sich Denia als ver.di-Landesleiter zurückgezogen. "Die Landesleitung wurde verkleinert, ich war der älteste und machte den Weg frei." Denia trat 2008 im Niedersachsenteam der SPD zur Landtagswahl an. Doch Schwarz-Gelb machte das Rennen. Heute nimmt Denia für ver.di noch Aufsichtsratsmandate wahr.

Statuten auf den Prüfstand

Mit einigem Abstand wünscht er sich, dass man nach zehn Jahren alle Statuten auf den Prüfstand stellt. "Um das komplizierte Konstrukt ver.di hinzubekommen, wurden in der Gründungsphase viele Kompromisse gemacht und Besitzstände zementiert. Heute ist ver.di im Alltag angekommen." Die innerorganisatorischen Zuständigkeiten gehörten noch auf den Prüfstand. Denia wünscht sich eine Stärkung der Arbeit bei der Mitgliederbetreuung vor Ort. syno