Petra Welzel ist Redakteurin der ver.di PUBLIK

Und? Waren Sie schon bei Ihnen, die Volkszähler? Oder haben Sie zumindest freundlich verpflichtet, ihre 50 Fragen zu Familienstand, Herkunft, Religion, Innen- oder Außenklo und vielem mehr zu beantworten? Wenn ja, dann stehen Sie jetzt vor der Entscheidung, wahrheitsgemäß zu antworten oder 5000 Euro Bußgeld zu riskieren. Eigentlich ist es ziemlich ungerecht, dass nur 7,9 Millionen, per Zufallsgenerator Ausgewählte in dieser Zwickmühle stecken, die anderen 74 Millionen Bürgerinnen und Bürger sich aber entspannt zurücklehnen können.

Aber können sie das tatsächlich? Schließlich sollen wir ja alle gezählt werden. Nur: Dafür brauchen uns die Volkszähler gar nicht. Was sie über uns wissen wollen, ist sowieso schon längst irgendwo gespeichert, nicht zuletzt vielleicht auf einem Facebook-Account. Doch im Ernst: Wer in Deutschland gemeldet ist, ist registriert und das nicht nur beim Einwohnermeldeamt. Die Behörden wissen, wo wir wohnen, wie viele Kinder wir haben, auf welche Schulen sie gehen, welcher Religion wir angehören oder auch nicht, wo wir arbeiten und als was, oder ob wir arbeitslos oder arbeitsunfähig wegen eines Gebrechens sind. Es gibt kaum etwas, was sie nicht wissen. Seit es eingetragene Lebenspartnerschaften gibt, haben die Ämter selbst über unsere sexuelle Orientierung Kenntnis. Und seit Mietspiegel existieren, wissen sie auch, wie es um die Häuser im Land bestellt ist.

Und weil eigentlich alles bekannt ist, werden diese Daten jetzt auch zentral zusammengeführt und ausgewertet. Die 7,9 Millionen, die dennoch befragt werden, sollen sowieso nur bestätigen, was die Auswertung ergibt. Und dafür werden 710 Millionen Euro ausgegeben und in Kauf genommen, dass sich unter die freiwilligen Zähler nicht wenige rechtsradikale NPDler geschlichen haben, die so auf Kosten der Steuerzahler "nationaldemokratische Marktforschung" betreiben, wie sie das nennen. Allein deshalb gehört dieser Zensus zensiert.