Die Sammlung des Hausmeisters Wilhelm Werner | 38 Jahre lang, von 1914 bis 1952, war Wilhelm Werner Mitarbeiter der Hamburger Kunsthalle, zunächst als Hilfsaufseher, die meisten Jahre dann als Hausmeister. Diese langen Jahre haben vor allem eins aus ihm gemacht: einen Sammler. Er hat sie geradezu geliebt, die Kunst, hat unter dem Naziregime und während des 2. Weltkriegs mehrfach sein Leben für sie aufs Spiel gesetzt. 1937 rettete er das gesamte Werk der jüdischen Künstlerin Anita Rée vor der mutwilligen Zerstörung durch die Nationalsozialisten. Und als Brandbomben während des Krieges aufs Dach der Kunsthalle fielen, stand er dort oben mit seinen Kollegen und löschte die Feuer. Von den über 500 Werken die der Hausmeister in seinen Dienstjahren gesammelt hat, hat die Kunsthalle ihm zu Ehren jetzt 130 Bilder für eine Ausstellung zusammengestellt, in der sich einige weniger bekannte Künstler/innen entdecken lassen, darunter auch die geretteten Werke der Anita Rée. pewe

Hamburger Kunsthalle, Glockengiesserwall, bis 15. Januar 2012, Di–So 10–18 Uhr, DO 10–21 Uhr


Das Gleichgewicht der Welt

Mobilisieren | Autobahnkreuze sind oft eine recht unüberschaubare Angelegenheit. Weil der Verkehr so schnellt rollt, hat man manchmal gar nicht genug Zeit zu lesen, wohin die Fahrt geht, wenn man am Kreuz abzweigt. Im besten Fall hat man noch das eigene Ziel entziffert und befindet sich auf der neuen Autobahn auf der richtigen Strecke. Jetzt stellen wir uns mal vor, statt mit dem Auto und 130 Stundenkilometern mit dem Fahrrad auf das Kreuz zuzuradeln. Vielleicht mit ungefähr zehn oder auch 20 Stundenkilometern. Können wir uns das überhaupt vorstellen? Das Künstlerduo Martin Kaltwasser und Folke Köbberling haben es einfach entworfen, ein Fahrradkreuz. Auf den ersten Blick, aus der Luft betrachtet, unterscheidet es sich kaum von einem Autobahnkreuz. Doch bei genauerem Hinsehen erkennt man deutlich, dass so ein Fahrradkreuz keine großen Narben in die Landschaft reißt, sie vielmehr integriert. Bleibt die Frage, ob man überhaupt ein solches Kreuz für unmotorisierte Zweiräder braucht?In der Ausstellung Mobilisieren haben sich sechs Künstler/innen und zwei Wissenschaftler mit der Mobilität der Zukunft beschäftigt. Und zwar vor allem mit der Mobilität auf der Straße. Dass allesamt dem Fahrrad den Vorzug geben, ist sicherlich nicht allein der Auswahl der Kuratoren geschuldet. Angesichts des Klimawandels, zunehmenden Smogs in Ballungsgebieten und damit einhergehenden gesundheitlichen Belastungen liegt es geradezu in der Natur der Sache, auf die Bremse zu treten und zu entschleunigen. In einer durch und durch motorisierten Welt mag das wie eine spinnerte Utopie klingen. Aber es ist eine angenehme Vorstellung, dass wieder die Zwei- den Vierrädern den Rang ablaufen. Die Aquarelle von Ina Weber zeigen, wie das gehen kann. Transportfahrräder sind auf ihren Bildern zu sehen, die durchaus einen Kleintransporter ersetzen können. Tatsächlich werden in vielen Ländern der Erde heute noch Güter auf dem Fahrrad transportiert. Nicht selten so viele Güter zu einem Turm gestapelt, dass man sich wirklich fragt, wie man so noch fahren kann, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Der Architekt und Wissenschaftler Friedrich von Borries und der Fotograf Olaf Unverzart zeigen im Berliner Atlas paradoxaler Mobilität Phänomene heutiger Bewegung und Beweglichkeit am Beispiel der Hauptstadt. Und auch ihre Arbeit macht eines deutlich: Das Gleichgewicht der Welt wird sich in Zukunft immer mehr an unserem Umgang mit dem Verkehr austarieren müssen. Petra Welzel Städtische Galerie Nordhorn, Vechteaue 2, bis 13. November, Di-Fr 14-17 Uhr, Sa 14-18 Uhr, So 11-18 Uhr