Von Renate Bastian

Die Vertrauensfrauen und -männer bei der Konferenz in Darmstadt. Sie wünschen sich mehr Unterstützung von ihrer Gewerkschaft

Wo Vertrauensleute arbeiten, da ist die Gewerkschaft. Und der Ort, an dem sie aktiv sind, ist der Betrieb. Anfang November haben sich 50 Vertrauensfrauen und -männer von ver.di aus neun Fachbereichen zum vierten und bislang umfangreichsten Austausch im Darmstädter Gewerkschaftshaus getroffen. Mit dabei waren Sibylle Lust von ver.di Hessen und Dina Bösch vom ver.di- Bundesvorstand.

Einen ganzen Tag lang drehte sich in vier Arbeitsgruppen alles um die Themen betriebsnahe Tarifpolitik, Mitgliederwerbung und die Organisation der Arbeit von Vertrauensleuten. Gewerkschaften sind mit ihren Fragen, ihren Problemen und Spannungen ein Spiegelbild der Gesellschaft. Leiharbeit, prekäre Beschäftigung, Abbau von Arbeitsplätzen und das weit verbreitete Misstrauen gegenüber der Politik liegen bisweilen wie Mühlsteine auf der betrieblichen Arbeit der Vertrauensleute. Denn sie, häufig sind sie zugleich Betriebs- oder Personalräte, bekommen das hautnah zu spüren. Beispiel Tarifpolitik. Wie geht man damit um, wenn das Ergebnis von Tarifverhandlungen nicht so ausfällt, wie es sich die Beschäftigten gewünscht haben? Eigentlich wollte es niemand in dieser Form haben, aber nun müssen alle damit leben. Beteiligung und Transparenz sind nach Meinung der Südhessen hier die Zauberworte.

Auch mal einen Film zeigen

Die Forderungen müssen von unten nach oben entwickelt werden, also unter Mitwirkung der Beschäftigten. Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Hintergründe der Tarifverhandlungen sind transparent zu machen. Dann kristallisieren sich die wichtigsten Fragen: Was brauchen wir? Wie hat sich die Inflation entwickelt? Wie viel produktiver haben alle gearbeitet? Wollen wir auch noch ein bisschen mehr soziale Gerechtigkeit durch Umverteilung?

Ein weiterer Schwerpunkt der Konferenz war die Mitgliederwerbung. Gut kommen sie voran, so berichten die Vertrauensleute, wenn sie sich eine Struktur erarbeiten wie regelmäßige Treffen, eine genaue Planung, Veranstaltungen, zu denen alle eingeladen werden, sowohl Mitglieder als andere Interessierte. Hier solle man aber die oftmals mit Eigenlob gesättigten Vorträge durch interessante Filmvorführungen zu ausgewählten Themen ersetzen und dadurch die Diskussion bereichern. Im Bezirksbüro gibt es dafür die unterschiedlichsten Anregungen. Eine Studie hat unlängst allerdings ergeben, dass ver.di als komplexe Organisation die konkreten Probleme im Betrieb noch zu wenig kennt. Es sind die Vertrauensleute in den Betrieben, die Bescheid wissen, was konkret läuft. Entsprechend wünschen die sich mehr Stärkung durch ver.di. Und sie wiederum - so das Fazit der Konferenz - müssen sich selbst ebenfalls weiter stärken. Das beginnt beim unverzichtbaren persönlichen Gespräch mit den Beschäftigten,vor allem den Jugendlichen, und geht über ständigen Informationsaustausch bis hin zur Einbindung aller Betroffenen in die Entscheidungen. Die Devise muss heißen: Näher ran und ständige Präsenz.

Britta Bönsel etwa leitet die Vertrauensleute und den Betriebsrat in der Kreisverwaltung Odenwald. Für sie ist die neue Regelung zum Leistungsentgelt nach dem Tarifvertrag öffentlicher Dienst ein großes Problem. "Da gehen mir schon manchmal die Argumente aus." Man müsse sich im Kreis der Vertrauensleute eine Art Positivliste zusammenstellen, um den ver.di-Mitgliedern einen Blick auf das gesamte Bild der jeweiligen Vereinbarungen zu ermöglichen.